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Hartz,
Rürup, Gesundheitsreform, agenda 2010
Dem
Staat wird das Volk zu teuer!
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Liebe
Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Das Lachen ist Dr. Peter Hartz
inzwischen vergangen, sagt er jedenfalls. Ob er sich dabei nur
den Arbeitslosen ange-schlossen hat, die auf Grundlage der
Vorschläge seiner Kommission zur Reform der Bundesanstalt
für Arbeit drang-saliert und willenlich verarmt werden? Wohl
kaum. Die Umsetzungen gehen ihm noch gar nicht weit genug. Wir
möchten im Folgenden aufzeigen, worin die Logik der von den
Kommissionen (Hartz, Rürup usw.) vorgeschlagenen Maß-nahmen
liegt, wie diese mit dem "notwendigen Umbau des
Sozialstaats" zusammenhängen und was davon zu halten
ist, wenn einem immer wieder gesagt wird, dass es a)
"nicht anders geht" und b) "uns allen zugute
kommt". |
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Es gibt keine Lohnnebenkosten! |
In
der Diskussion um die Lohnnebenkosten wird der Eindruck erweckt, als
wäre der Arbeitgeberanteil eine Leistung, die zusätzlich zum Lohn
erbracht wird. Lohn ist richtigerweise zu definieren als die Summe
Geld, die dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber gezahlt wird, damit
dieser seine Arbeitsfähigkeit erhalten kann. Die Lohnsumme muss
somit über das normale Arbeitnehmerdasein hinaus auch für die
Zeiten reichen, in denen der Arbeitnehmer nicht arbeiten kann
(Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter). Die so genannten
Lohnnebenkosten sind ihrer ökonomischen Natur nichts anderes als -
Lohn!
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Was stattfindet ist Lohnsenkung! |
Das
ökonomische Interesse des Arbeitgebers ist es, die Lohnsumme so
gering wie möglich zu halten, sei es durch Senkung der staatlich
verfügten Lohnnebenkosten oder durch Senkung der Lohnkosten. Für
jeden Arbeitnehmer sollte klar sein, dass auch die Lohnnebenkosten
zu seinem Lohn gehören und eine Senkung der Lohnnebenkosten eine
Lohnsenkung ist, auch wenn er kurzfristig ein höheres
Nettoeinkommen erhielte. Spätestens aber, wenn er bei seinem
nächsten Krankheitsfall in den ersten Tagen keinen Cent mehr
erhält und für den Arztbesuch 10 Euro berappen muss, wird er
merken, dass seine Lohnsumme gesunken ist! |
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Das Kapital entlässt, verdient und
jammert immer mehr! |
Richtig
ist, dass die als Lohnnebenkosten bezeichneten Beiträge zur
Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung in den letzten 20
Jahren von 32 auf 42 % gestiegen sind. Hauptursache dafür ist, dass
die Arbeitsabläufe permanent effektiviert wurden und dies einen
massiven Stellenabbau nach sich zog.
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Für
die Arbeitslosenversicherung bedeutet dies, dass der steigenden
Anzahl von Anspruchsberechtigten immer weniger Beitragszahler
gegenüber stehen.
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Für
die Krankenversicherung ergeben sich zu den geringeren Einnahmen
zusätzlich höhere Ausgaben u.a. dadurch, dass zunehmender
Arbeitsdruck zu häufigeren Krankheiten führt.
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Für
die Rentenversicherung wirken sich der gesunkene
Beschäftigungsstand und die Frühverrentungen auf der
Einnahmen- und Ausgabenseite aus. Wenn nun die hohen
Lohnnebenkosten als ein Grund für die aktuelle Krise genannt
werden, liegt eine Verdrehung der Tatsachen vor: Sie sind die
Folge einer in den vergangenen 15 Jahren sehr erfolgreich
gewesenen Wirtschafts-tätigkeit. Mit Ausnahme des Jahres 1993 (-
1,1 %) ist das Bruttoinlands-produkt stetig gestiegen, und
Deutschland hat seinen Status als Export-weltmeister untermauert.
Die dafür erforderlichen Rationalisierungsmaß-nahmen haben zur
Massenarbeitsosigkeit und damit zu einer Erhöhung der
Lohnnebenkosten geführt. Übersehen wird dabei gerne, dass der
Anteil an Personalkosten am Produkt, zumindest im produzierenden
Gewerbe, noch nie so niedrig war wie heute.
Abb.:
Beispiel für die Gültigkeit eines alten ökonomischen Lehrsatzes
nach dem gilt: Die Gewinne von Unternehmen vertragen sich nicht mit
dem Lebensunterhalt der Massen.
Trotz
der guten Gewinne dürfen Vertreter der Unternehmensverbände nahezu
täglich in der "tagesschau" ihr Klagelied über zu hohe
Löhne, zu geringe Flexibilität und Mobilität, über die Existenz
des Kündigungsschutzes und der Gewerkschaften singen. Und die
Politiker? Stimmen in das Klagelied der Unternehmer mit ein. Wenn
jedoch jemand Grund zum Jammern hätte, dann wären das die Opfer
des Wachstums, diejenigen, die noch einen Arbeitsplatz haben und nun
für zwei schuften müssen, die wachsende Klasse der "working
poor", die inzwischen knapp fünf Mio. Arbeitslosen und die ca.
drei Mio. Sozialhilfeempfänger. |
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Wachstum, Wachstum, Wachstum - der
Sozialstatt wird abgeschafft! |
Früher gab es mal
die Auffassung, dass das Elend, das eine kapitalistisch verfasste
Ökonomie notwendigerweise hervorbringt, kein Grund sei, sie
aufzugeben, sofern man nur durch einen gerechten,
sozialverträglichen Ausgleich dafür sorgt, dass niemand
allzusehr unter die Räder gerät - "soziale
Marktwirtschaft" hieß das. Diese Sichtweise ist komplett aus
der Mode gekommen. Umgekehrt werden nun Staat und Kapital als
eigentliche Opfer einer fortschreitenden Verelendung genannt!
Selbstverständlichkeiten wie Gesundheitsversorgung und
Alterssicherung gelten als unbezahlbar, der Anteil am
Bundeshaushalt für Schuldentilgung und Sozialausgaben von 62% ist
"einfach zu viel..." (Schröder) und die "hohen
Kosten für den Faktor Arbeit" können den Unternehmern
einfach nicht zugemutet werden. Deshalb beschließt die Regierung,
sämtliche "Wachstumshemmnisse" abzubauen, den
"Reformstau in Deutschland" endlich zu lösen, und nach
dem Einberufen von verschiedenen Expertenkomissionen eine
komplette Neugestaltung des Sozialgesetzbuches anzuzetteln.
Es ist schon
absurd: Wenn die Senkung des durchschnittlichen Lebensstandards
das Ergebnis von 15 Jahren Wachstum und des erfolgreichen
Bedienens der Geschäftsinteressen der Unternehmer ist, dann ist
das für den Staat überhaupt kein Grund innezuhalten, um sich zu
fragen, ob man sich das mit der Marktwirtschaft evtl. noch einmal
überlegen sollte. Nein, umgekehrt, agitiert und engagiert er sich
umso stärker für Wachstum und geht desto entschiedener gegen
"Besitzstandsdenken" bei der Bevölkerung vor.
Diese offene
Parteilichkeit für die Wirtschaft und gegen den sozialen
Versorgungsstandpunkt hat eine Auflehnung der von den
beschlossenen Maßnahmen betroffenen Menschen nicht zu
befürchten. Zu oft wurde uns erzählt, dass es der Wirtschaft gut
gehen muss, weil wir alle davon abhängen. Mit den Entscheidungen,
die günstige Bedingungen dafür schaffen sollen, dass der
Konjunkturmotor wieder anspringt, machen die Verantwortlichen
deutlich: Das Gewinninteresse der Geschäftswelt soll von nun an
das allein gültige sein. Der Sozialstaat wird abgeschafft!
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Warum glaubt ihr, dass es euch besser
geht, wenn es der Wirtschaft besser geht? |
Das Wohlergehen der Wirtschaft gilt als
unabdingbar. Ohne Wirtschaftswachstum, da sind sich alle einig, geht
gar nichts. Was denn aber überhaupt mit ihm geht, ist eine Frage,
die weit weniger häufig diskutiert wird. Der Nachweis, dass es
außer der Geschäftswelt und dem Staat, der von der Vermehrung des
Privateigentums profitiert, weitere Nutznießer von Wachstum gäbe,
wird nicht geführt; der Verweis auf die Abhängigkeit von der
Wirtschaft reicht da aus. Uns jedoch nicht. Aus dem Erfahrungsschatz
der Volkswirtschaftslehre ist bekannt, dass es in entwickelten
Industrie- und Dienstleistungsnationen eines Wachstums von mindestens
3 % bedarf, um die Arbeitslosigkeit nennenswert senken zu können.
Dass man dies erreichen könnte, wird zwar auch von Experten als
unrealistisch angesehen, aber selbst wenn die Reformagenda dies
bewerkstelligen würde, so bleibt doch zu fragen, wer das zu welchem
Preis bezahlt! Denn beschlossen wird zunächst nichts weiter als eine
Senkung des allgemeinen Lebensstandards. Und die Arbeitgeber, die
zweifelsohne von den Reformen profitieren werden, haben kein
originäres Interesse daran, sozialen Wohlstand oder Arbeitsplätze
zu schaffen; sie kümmern sich um die Rentabilität ihres Betriebes,
mehr nicht. Daher ist es abwegig, dass es einem erst schlechter gehen
muss, damit es uns irgendwann einmal wieder besser gehen kann. Wenn
ihr den Gürtel enger schnallt, werden die Bäuche der Unternehmer
und Aktionäre - nicht eure - dicker!
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Was nun? |
Auf die Barrikaden gehen? Dazu müssten
überhaupt erst einmal welche errichtet werden... So wenig
erhaltenswert das alte Sozialstaatssystem auch gewesen sein mag, gilt
es, sich gegen die aktuelle Politik zu wehren, die systematisch bei
den Schwächsten der Gesellschaft ansetzt! Ob dabei allerdings
Unterschriftenaktionen an diejenigen nützlich sind, die sich diese
Maßnahmen ausdenken, bezweifeln wir. Wie wäre es, den Gedanken der
Dekonstruktion der sozialen Marktwirtschaft konsequent zu Ende zu
denken: Wenn schon der Sozialstaat abgeschafft wird, warum nicht auch
gleich die Marktwirtschaft? In der Logik des Kapitalismus ist vieles
ersetzbar, alles muss sich erneuern und flexibel bleiben. Es wäre
doch direkt einmal eine Aufgabe für Freigeister, dieses System
selbst als austauschbar zu denken. Ihr habt es nicht in der Hand?
Dann nehmt es in eure Hände, anstatt immer wieder Stellvertreter zu
wählen, deren Anliegen andere sind als eure.
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Mail:
argumente@web.de
Web:
http://gruppew8.wordpress.com
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