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Kritik an Ideologien, Aufklärung über populäre Irrtümer, Kommentare zum Zeitgeschehen

Jour fixe München vom 23.09.2024

Von • Okt. 2nd, 2024 • Kategorie: Protokolle

Jour fixe München vom 23.09.2024:

Fortsetzung: Israels Gaza-Krieg – Herausforderung an die Mächte und die Moralisten der imperialistischen Welt (GS 2-24), Punkt 4.

https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf240923-Israels%20Gaza-Krieg-4.pdf

In unserer Debatte über die Herausforderung, die dieser Krieg für die Mächte dieser Welt auch auf der Ebene der Moral darstellt, ist noch der Fehler der üblichen moralischen Parteinahme in der Öffentlichkeit im laufenden Krieg offengeblieben.

Insbesondere in Deutschland wird eine Kritik an Israel umstandslos mit Antisemitismus gleichgesetzt und damit als Befürwortung eines Genozids denunziert. Mit dieser Gleichsetzung wird ein offizielles Gebot der Parteinahme für Israel ausgesprochen. Dazu gibt es natürlich auch die Gegenposition und das hat zu einer heftigen Debatte in Deutschland geführt. (…)

Ausgangspunkt ist: Dieser Krieg ist zum Gegenstand eines heftigen Meinungsstreits in der Öffentlichkeit im ganzen Westen, insbesondere in den USA und Deutschland, geworden. In Deutschland, wo die Sicherheit Israels zur Staatsräson erklärt wurde, hat zunächst eine Gleichschaltung der Öffentlichkeit stattgefunden. Auch das zeigt bereits, hier ist eine Parteinahme gefordert. Dazu hat sich, mit den steigenden Opferzahlen in Gaza zunehmend, ein gegensätzlicher parteilicher Standpunkt gebildet.

So wird der Gazakrieg jetzt debattiert, was ja nicht in jeder politischen Debatte so ist. Im Artikel wird der Fehler der Parteilichkeit dieser Täter/Opfer Debatten kritisiert.

— Es muss doch aufgezeigt werden, dass und wie dabei die jeweiligen Staatsideologien in der öffentlichen Meinung reproduziert werden und es können nicht einfach die Staatsideologien mit den Meinungen der Öffentlichkeit gleichgesetzt werden.

Aber die streitenden Parteien argumentieren mit denselben moralischen
Argumenten für ihre Parteilichkeit, die auch die Staaten vorbringen. Damit nehmen sie Partei für die Räson der Kriegsparteien. Das ist genau der Fehler, der hier charakterisiert wird. (…)

Auch Leute, die sich keinen moralischen Reim darauf machen, sondern davon reden, worum es Israel geht, und Israel als Staat kritisieren, gibt es so gut wie nicht. Daher geht es hier um die moralische Beurteilung, die gleich bei Parteinahme landet, wie man sie überall zur Kenntnis nehmen kann, die in der Öffentlichkeit verhandelt und vom Staat bearbeitet wird.

Und dagegen ist es kein Einwand, dass es aber auch andere Stellungen dazu geben könnte. Wenn es solche gibt, sollten sie vorgebracht werden, dann kann man darüber reden. Das ist dann aber ein anderer Gegenstand. (…)

In den letzten Zeilen des Artikels geht es darum, dass der Staat gegen unliebsamen Protest sein Gewaltmonopol geltend macht. Wie der Staat mit protestierenden Studenten und sonstwem umspringt – was man ja alles aus der Presse kennt –, ist die von Seiten des Staates gekennzeichnete demokratische Diskussionskultur.

Die demokratische Diskussionskultur der Öffentlichkeit geht bei derartigen Staatseingriffen zu dem Thema über: Wo beginnt und endet das Recht auf Demonstration, wo ist die Meinungsfreiheit zu Ende? In dieser Auseinandersetzung berufen sich die einen auf Meinungsfreiheit und die anderen postulieren das Ende der Meinungsfreiheit. Die Öffentlichkeit löst das Thema in dieses demokratische Hin und Her auf.

Damit soll nicht gesagt sein, dass alle, die irgendwann Protest angemeldet haben, notwendigerweise dabei landen, dass sie nur Meinungsfreiheit haben wollen. (…)

Es geht darum, den Protestierenden klar zu machen, dass ihre moralische Kritik verkehrt ist; um die Aufforderung, sich die Sache anzuschauen, ohne Partei zu ergreifen.

Wo sie merken, dass sie nichts erreichen, sagt man ihnen, dass es auch ein Fehler ist, sich an den Staat zu wenden. Stattdessen sollten sie sich klarmachen, dass man den Staat kritisieren muss; dass man mit Demonstrationen nicht erreichen kann, dass sich die Politik ändert oder nach außen für das Anliegen der Demonstranten antritt. Das ist eine Illusion. Stattdessen soll man sich die Sache klarmachen.

Das ist auch das Anliegen dieses Artikels. Das Anliegen ist nicht, die Leute fertig zu machen und zu sagen, dass alles nichts taugt. Sondern es gilt, klar zu machen, warum das, woran sie hängen und womit sie sich aufhalten, ein Fehler ist. Und was sie stattdessen tun sollten. (…)

Der Artikel will die Logik moralischer Kritik erklären, welche Übergänge dabei üblicherweise gemacht werden und in was sich das auf der obersten Ebene oft auflöst. Insofern ist es ein sehr theoretischer Artikel und kein Agitationsartikel in dem Sinn, dass er sich mit den einzelnen falschen Auffassungen der Studenten befasst und die kritisiert.

Es ist ein falscher Einwand gegen den Artikel, er schere die Protestbewegungen über einen Kamm, gehe auf deren Argumente nicht ein und wolle sie nur schlecht machen. Diejenigen Protestierer, die bei der Meinungsfreiheit gelandet sind, sie hochhalten und verteidigen wollen, sind doch tatsächlich selbstbezüglich. (…)

Wie z.B. bei einer Demo von uns agitiert werden könnte, ist ein anderes Thema. Aber was ist dagegen einzuwenden, die Logik ihrer Denkweise einmal als solche hinzuschreiben, um den Leuten klarzumachen, wie diese Übergänge gehen und wobei sie landen? Es ist nicht der Zweck, die Bewegung fertig zu machen,sondern deren Fehler zu kritisieren, damit sie lernen und was Vernünftiges machen. (…)

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Wir kommen immer wieder auf den Punkt zurück, dieser Artikel würde verallgemeinern, hätte etwas nicht abgedeckt und es gäbe auch bessere Argumente von den Protestierenden, als die hier kritisierten.

Wenn das nächstes Mal noch mal Thema sein soll, müsste jemand diese Argumente vortragen, dann befassen wir uns damit.

Die Themen für den nächsten Jour Fixe am 07. Oktober 2024 sind:

a) Nachträge zur Debatte über GegenStandpunkt 2-24, „Israels Gaza-Krieg“, Punkt 4.

b) GegenStandpunkt 3-24, „Korrespondenz zum Gaza-Krieg“, auch veröffentlicht auf der Website des Verlags unter:
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/korrespondenz-zum-gaza-krieg


https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle

One Response »

  1. Protokoll zum Jour fixe vom 7.10.2024 zu den Themen: 1. Nachträge zum letzten Jour fixe über die Öffentliche Anteilnahme, Proteste und Gegenproteste im Westen (GS 2-24; Punkt 4). (…)
    2. „Korrespondenz zum Gaza-Krieg“ GS 3-24
    (…) Zum Artikel „Israels Gaza-Krieg“ im GS 2-24 und der Diskussion dazu in dem linken YouTube-Kanal „99 ZU EINS“ gab es eine ausführliche schriftliche Kritik der Betreiber des Kanals, abgedruckt und beantwortet in GS 3-24. Der erste Teil befasst sich mit der Terrorvernichtungsaktion Israels im Gaza-Krieg (I.), der zweite Teil mit der Behandlung der Proteste (II.).
    (…) Der nächste Jour Fixe findet am 21. Oktober 2024 statt. Thema ist: Eine Zwischenbilanz des Gaza-Kriegs – ‘Al-Aqsa-Flut’ und ‚Eiserne Schwerter‘ aus GS 3-24
    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf241007-Israels%20Gaza-Krieg-5.pdf
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/korrespondenz-zum-gaza-krieg
    https://de.gegenstandpunkt.com/archiv/dossiers/abweichende-meinungen-zum-israel-gaza-krieg