Johannes Schillo: Staatstragender Feminismus als Ressource nationaler Sicherheitspolitik
Von webmaster • Dez. 11th, 2023 • Kategorie: AllgemeinJohannes Schillo: Staatstragender Feminismus als Ressource nationaler Sicherheitspolitik
Anmerkungen zur Rolle „unserer“ Werte und zur feministischen Außen- und Sicherheitspolitik nach der Zeitenwende.
Auf Werte beruft sich die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik, dass es nur so kracht. Dass „wir“ zu den Guten gehören, die gegen das Böse (=Putin) kämpfen, ist seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sowieso die offizielle Leitlinie der deutschen Medien, an die pausenlos erinnert werden muss. Der Bundeskanzler hat das sogar bis zur buchstäblichen Verteufelung des Pazifismus gesteigert: Wer gegen Waffenlieferungen für die Ukraine plädiert, sei ein „gefallener Engel aus der Hölle“, so Scholz bei einem Wahlkampfauftritt in München – eine Aussage, die sogar gestandene Extremismusforscher, die sonst jede Ausgrenzung nicht konstruktiv orientierter Kritik absegnen, nachdenklich werden ließ (vgl. faznet.de, 21.8.2023).
Wertorientierung: eine Sache der Interpretation
Feministische Außenpolitik – gegen maskulinen Militarismus?
Die Analyse Wohlfahrts hält als Fazit fest: Wenn es der feministischen Neuorientierung in ihrem Ausgangspunkt darum ging, Außen- und Entwicklungspolitik dazu zu nutzen, „Machtstrukturen“ zu hinterfragen, dann bekommen ihre Verfechter:innen jetzt den darin enthaltenen nationalistischen Blick auf das, was Außen- und Entwicklungspolitik der Sache nach ist, nachhaltig zu spüren.
„Weder die Frage, wofür Staaten in der internationalen Staatenkonkurrenz ihre Außenpolitik einsetzen, um für ihre Nation Vorteile zu erwirtschaften, noch die Frage, welche Ökonomie da weltweit durchgesetzt, verteidigt und befördert werden soll“, habe das feministische Programm kritisch ins Visier genommen.
So passt das Programm jetzt zu einer Militarisierung der Gesellschaft, in der kein Einspruch mehr gegen moralische Aufrüstung, gegen die „Kriegsmoral auf dem Vormarsch“ (Wohlfahrt/Schillo 2023), gegen die materielle Herstellung von „Kriegstüchtigkeit“ und ausufernde Rüstungsexporte erhoben werden darf – außer der skeptischen Nachfrage, ob dabei auch alles gendergerecht zugeht.
Und diejenigen, die jetzt – verständlicherweise – von dem Kurs enttäuscht sind, der unter dem „klaren Wertekompass“ eingeschlagen wird, sollten sich fragen, ob nicht am Programm selber Zweifel angebracht sind.
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