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Suitbert Cechura: Rezession – ein Grund, Alarm zu schlagen?

Von • Aug. 26th, 2023 • Kategorie: Allgemein

Suitbert Cechura: Rezession – ein Grund, Alarm zu schlagen?

Das Wachstum lahmt – und wir alle sollen uns Sorgen um „unsere“ Wirtschaft machen. Warum eigentlich?

„Die deutsche Wirtschaft braucht einen Kurswechsel“ – das wusste die Süddeutsche Zeitung am vergangenen Wochenende zu vermelden. Denn andernfalls käme die deutsche Wirtschaft in eine Dauerkrise. Auch die Bild am Sonntag machte sich Sorgen: „Die Bürokratiekosten steigen, die Wirtschaft schrumpft. Muss das sein?“ Und auf Telepolis stellt Philipp Fess die Frage „Deutsche Wirtschaft: Krank oder doch gesund?“. Er steuert eine Vielzahl ähnlicher Stellungnahmen bei, die „alarmierende Zahlen beim kranken Mann Europas“ bekannt machen.

Damit ist die allgemeine Spekulation eröffnet, ob eine Wirtschaftskrise zu erwarten ist, wie sich der Krieg in der Ukraine und der Wirtschaftskrieg mit Russland aufs hiesige Geschäftsleben auswirken, welche Schäden die schwache Konjunktur in China verursacht und wie sich die Weltkonjunktur insgesamt darstellt.

Zugleich überschlagen sich Wirtschaftsweise wie Journalisten mit Ideen, wie eine Krise verhindert werden kann und was die Bundesregierung zu tun hat, um sie zu vermeiden, also neues Wachstum zu stimulieren.

Als größte Selbstverständlichkeit gilt nämlich allenthalben, dass die Wirtschaft wachsen muss. Warum eigentlich? Ist Nichtwachstum eine Katastrophe?

Das Wirtschaftswachstum ist ständig Thema bei den Fachleuten und Gegenstand öffentlicher Anteilnahme. Mal wird eine Überhitzung des Wachstums befürchtet, dann ist wieder sein geringes Ausmaß das Problem oder es wird darüber räsoniert, wie schnell oder wie hoch es eigentlich wachsen müsste. Dass es notwendig ist, steht ein für alle Mal fest.

Weniger Stress und mehr Freizeit für alle

Die Produktion von Wachstum

Öffentliche Besprechung

Die Wirtschaftsgeschichte liefert eine lange Liste solcher besonderen Krisen, die aber alle eines gemeinsam haben: dass das normale Geschäft stockt und die Gewinne schrumpfen.

Wie selbstverständlich wird in der öffentlichen Besprechung des Ganges der Wirtschaft unterstellt, dass dies jedermann zu interessieren habe. Dabei geht es doch zunächst um die Gewinne, mit denen die meisten Bürger – die bekannten 99 Prozent, auf die sich Protestbewegungen berufen – gar nichts zu tun haben.

Unmittelbar betrifft das lediglich Anleger wie die Clans von Porsche und Piech, von Albrecht, Schwarz, Quandt, Klatten oder wie sie alle heißen. Von deren angehäuftem Reichtum hat der normale Bürger nichts. Er darf deren Luxus und Luxusleben allenfalls in bunten Illustrierten bewundern.

Aber von deren Renditen auf ihre Anlagen sind alle Bürger im Lande abhängig gemacht. Nur wenn hier die Gewinne gesichert sind und die Investoren sich durch die Anlage ihres Kapitals neue versprechen, bekommt die Mehrzahl der Bürgerschaft die Möglichkeit, sich durch Arbeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Das Ergebnis wird dann immer wieder mit Verwunderung in verschiedenen Statistiken besprochen, die zeigen, dass die Reichen immer reicher werden und die Mehrzahl einen immer geringeren Anteil am Reichtum hat.

Diese Tatsache aber finden die meisten Menschen in diesem Lande normal und beugen sich ihrer Abhängigkeit. Selbst die Gewerkschaften, die sich als Fürsprecher derer aufführen, die von ihrer Arbeit leben müssen, sorgen sich als Betriebsräte und Aufsichtsratsvertreter darum, dass die Geschäfte blühen und die Wirtschaft wächst, von der alle abhängen.

Das macht auch gerade die neueste Diskussion um den „Industriestrompreis“ deutlich. Hier heißt die Leitlinie, auf die sich Wirtschaftsminister, Industrieverbände und Gewerkschaften verständigen: „Wer rettet das Kapital?“. Für die einfachen Leute, die Dienstkräfte am Wirtschaftswachstum, heißt es dagegen: den Gürtel enger schnallen!(Suitbert Cechura)

https://www.telepolis.de/features/Rezession-ein-Grund-Alarm-zu-schlagen-9286024.html

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