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Georg Schuster: Was will und wie geht die Energiewende?

Von • Juli 26th, 2023 • Kategorie: Allgemein

Nicht nur die Ampel reklamiert für sich, mit der „grünen Wende“ einer „Menschheitsaufgabe“ zu dienen. Anlass sich klarzumachen, was an der Energiepolitik imperialistisch, was wertegeleitet ist und wie beides zusammengehört. Dabei klärt sich auch, ob sie versagt.

Zur deutschen Energiewende, wie sie sich aktuell im sog. Heizungsgesetz, im Boykott russischer Energiequellen und generell in der Umstrukturierung der Energieversorgung ausdrückt, gibt es drei Positionen im parlamentarischen und öffentlichen ‚Diskurs‘.

Die Ampelregierung nimmt für sich in Anspruch, der Klimakrise mit dem politisch Mach- und Verantwortbaren entgegenzuwirken, um dem Vaterland auch die Mutter Erde zu erhalten. Vertreter der christlichen Opposition und die AfD wollen sich darüber profilieren, dass sie der Regierung ein Übermaß an Klimaschutz vorhalten, das den Wirtschaftsstandort sowie die Häuslebauer, Pendler und Normalverbraucher unterschiedslos überfordere und schädige. Die AfD setzt hinzu, die rot-grünen Koalitionspartner zögen offenbar irgendwelche Menschheitswerte den nationalen Belangen vor. Umgekehrt präsentieren Fridays for Future, die Letzte Generation oder Teile der Linkspartei und der Grünen ihre Mängelliste in Sachen Erderwärmung, die zeigen soll, dass die Regierenden vor ihrer Pflicht zur Klimarettung versagen und ihr eigenes 1,5-Grad-Versprechen nicht länger einhalten.

Trotz ihrer Unterschiede und Gegensätze sind diese drei Positionen in einer Hinsicht vereint, in der die Kritiker das Regierungshandeln auf ihre Weise bekräftigen: Alle beurteilen es nämlich am Kriterium einer Verantwortung für die natürliche Umwelt im heimatlichen Teil des Planeten und darüber hinaus. Diese vermeintliche Aufgabe halten, wie gesagt, die einen für in Angriff genommen, die anderen für übertrieben und die dritten für vernachlässigt.

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine steht diesem ‚wertebezogenen‘ Disput je nach Bedarf noch ein ‚Argument‘ zur Verfügung, welches besagt, dass ‚wir‘ ‚wegen Putin‘ die Klimaziele nicht wie beabsichtigt erreichen können. Diese Erweiterung der feststehenden Schuldfrage unterstreicht dann ihrerseits, wo ein Feind des Weltklimas sitzt und wie sehr die deutsche Energiewende von Werten geleitet ist bzw. sein könnte.

Klartext

„Dekarbonisierung“

Kapitalistische Planwirtschaft

Energieimperialismus = Klimarettung

Klimadiplomatie

Wie im Innern, so präsentieren sich die politischen Macher auch nach außen hin als eine höhere Instanz, deren Anliegen fraglos zu gelten haben. Zwischen lauter souveränen Staaten fehlt diesem Anspruch freilich die hoheitliche Gewalt, die ihn innerhalb der Landesgrenzen verbürgt und legitim macht. Was international daraus wird, fällt daher ganz in das reelle Kräfteverhältnis der konkurrierenden Mächte. Und wer sich darin durchsetzt, verdient sich als Dreingabe die moralische Glaubwürdigkeit seiner Anliegen.

In diesem Sinn ist es den maßgeblichen Staaten gelungen, in der seit über 20 Jahren umworbenen bzw. umstrittenen Limitierung der Erderwärmung auf 2°C über dem vorindustriellen Wert ein klimadiplomatisches Datum zu setzen. Von dem versprechen sie sich, in der globalen Energiewirtschaft einen unumkehrbaren Trend zu stiften und in dieser Maßzahl operationalisierbar zu machen.

Der Durchbruch dazu bestätigt das Gesagte: Beim berühmten Accord de Paris von 2015 unterschrieben alle 195 Teilnehmer das Zwei-Grad-Ziel, wie es von Deutschland und der EU seit 1996 in die Klimadiplomatie eingebracht wurde. Die USA, vordem demonstrativ auf der Unabhängigkeit ihrer Energiepolitik beharrend, hatten sich mittlerweile stärker in die Konkurrenz um grüne Spitzentechnik eingeschaltet. Und auch im vormals sperrigen China lagen ausbaufähige Erfolge bei der Betreuung dieses Zukunftsmarkts vor. Seither wird das Klima gerettet, dass es raucht, die CO2-Emissionen sind seit den Anfängen der Klimadiplomatie um 60 Prozent angestiegen – und das lässt die Kritiker enttäuscht zurück, die sich täuschen lassen.

https://overton-magazin.de/top-story/was-will-und-wie-geht-die-energiewende/

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