Suitbert Cechura: Letzte Generation – ein Lehrstück zum Umgang mit Kritikern
Von webmaster • Juni 5th, 2023 • Kategorie: AllgemeinSuitbert Cechura: Letzte Generation – ein Lehrstück zum Umgang mit Kritikern
Kritik mundtot machen – dafür braucht es keine Autokratie, das kann jeder Rechtsstaat.
Dass in anderen Staaten Kritiker der Regierung schikaniert werden, ist regelmäßig Thema der hiesigen Öffentlichkeit: nämlich als Ausweis der mangelnden Rechtsstaatlichkeit anderswo, wenn nicht gar der vollendeten Gewaltherrschaft, die bekanntlich bei den Autokraten zuhause ist. Dabei zielt die Beweisführung immer auf Staaten, die sich deutschen Anliegen verschließen und ihre Interessen „gegen uns“ geltend machen. Jetzt hat der deutsche Staat aber einmal mehr gezeigt, dass er im Umgang mit Kritikern nicht weniger zimperlich ist:
„Bei Tagesanbruch am Mittwoch haben bayrische Strafermittler eine riesige Ausforschungsaktion gestartet, einen Lausch-, Späh- und Wühlangriff mit bundesweiten Ausmaßen. Sie haben Wohnungen aufbrechen lassen, sie haben mit Taschenlampen ins Privateste hineinleuchten lassen, in Schlafzimmer, in Schränke, und sie haben den Menschen, die da im Pyjama vor ihnen standen, zu verstehen gegeben, dass in ihre Privatsphäre eingedrungen wurde und Telefongespräche womöglich mitgehört und abgespeichert wurden.“ (Ronen Steinke, SZ 25.5.2023)
Gegen die Gruppe Letzte Generation werden jetzt alle Register staatlicher Einschüchterung und Terrorisierung aufgefahren, wobei abgeklärte Journalisten gleich erkennen, dass hier mit ungewöhnlicher Robustheit und einer Strapazierung rechtsstaatlicher Regeln ein Exempel statuiert werden soll: „Es ist eine Ermittlungsaktion, die so brachial ist, dass ihre Unverhältnismäßigkeit ins Auge sticht.“ (Steinke, SZ)
Da fragt sich doch glatt, in welchem Verhältnis denn staatliche Gewalt im Umgang mit Kritikern stehen darf, so dass auch Vertreter der Mainstream-Medien aus der Abteilung liberale Bedenkenträger zufrieden sind.
Harmloser Protest?
Meinungsfreiheit am Limit
§ 129 – Protest als Straftat
Mit der Ermittlung, die jetzt gemäß diesem Paragraphen läuft, wird behauptet, der Gruppe Letzte Generation ginge es nicht um den Klimaschutz, sondern um die Begehung von Straftaten – ganz so, als ob die Störungen des Straßenverkehrs Selbstzweck wären. Die Aktion gegen die Gruppe zeigt aber auch, dass es gar keine Verurteilung braucht, um sie politisch zu erledigen. Es reicht ein Anfangsverdacht: „Die bayrischen Terrorermittler leiten ihren Verdacht nun aus der Finanzierung der Gruppe und ihren Aktionen her. Die Fahnder werfen den Beschuldigten vor, eine Spendenkampagne zur Finanzierung weiterer Straftaten für die ‚Letzte Generation‘ organisiert zu haben.“ (SZ, 25.5.2023)
Konsequenz war die Beschlagnahme der Konten der Organisation, die Sperrung der Website und die Anklage auch von Mitgliedern, die sich nicht an Aktivitäten beteiligt hatten. Zudem setzte die Staatsanwaltschaft eine Drohung ins Netz: „Achtung: Spenden an die Letzte Generation stellen mithin ein strafbares Unterstützen der kriminellen Vereinigung dar!“ (SZ, 26.5.2023)
Auch wenn diese Drohung bald zurückgezogen wurde, steht sie im Raum und dokumentiert den Versuch, der Letzten Generation die finanzielle Unterstützung abzuschneiden. Mit der Beschlagnahme der Konten, Rechner und Akten, der finanziellen Austrocknung soll der Gruppe verunmöglicht werden, ihre politischen Aktivitäten aufrecht zu erhalten. Schließlich wird ihr damit die materielle Grundlage bestritten, Geld für Räume, Materialien usw. weggenommen. Und das für die Dauer der Ermittlungen.
Das veranlasste einen Frankfurter Strafrechtsprofessor zu der Aussage: „Das ist ein klarer Einschüchterungsversuch. Rechtlich funktioniert das leider.“ (Matthias Jahn, SZ 26.5.2023) Dabei ist Einschüchterungsversuch eine harmlose Umschreibung für das, was da mit den Kritikern der aktuellen Klimapolitik geschieht, schließlich wird ihnen physisch und materiell die Grundlage ihrer politischen Arbeit bestritten, sie persönlich werden mit Gefängnisstrafen bedroht und ihre bürgerliche Existenz vollends ruiniert. Das Ganze zeigt Wirkung, auch ohne Prozess und förmlich erhobene Anklage; das eilt jetzt auch gar nicht. Schließlich ist von Seiten der Politik erreicht, was sie wollte, und da spielt es keine Rolle mehr, ob es später einmal zu einer Verurteilung kommt oder nicht.
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