Weitere Vorabveröffentlichung aus der Zeitschrift GegenStandpunkt 4-22
Von webmaster • Okt. 15th, 2022 • Kategorie: AllgemeinDeutschland will den Krieg – warum eigentlich? (GS 4-22)
Deutschlands offizielle Antwort besteht in der Zurückweisung der Frage. Mit der Benennung der Sache – „Putins grausamer Angriffskrieg“ – ist die Sache fertig: Wo DAS BÖSE zuschlägt, können DIE GUTEN nicht abseitsstehen. Für eine aufgeklärte Öffentlichkeit, die „einfache Antworten“ überhaupt nicht leiden kann, langt das. Nicht nur als Antwort, sondern für ein demonstratives, gerne aggressives Unverständnis, wie jemand da noch Fragen haben kann.
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/deutschland-will-den-krieg-warum-eigentlich
Peter Decker: Deutschland will den Krieg – warum eigentlich?
Deutschlands offizielle Antwort besteht in der Zurückweisung der Frage. Mit der Benennung der Sache – „Putins grausamer Angriffskrieg“ – ist die Sache fertig: Wo DAS BÖSE zuschlägt, können DIE GUTEN nicht abseits stehen. Für eine aufgeklärte Öffentlichkeit, die „einfache Antworten“ überhaupt nicht leiden kann, langt das. Nicht nur als Antwort, sondern für ein demonstratives, gerne aggressives Unverständnis, wie jemand da noch Fragen haben kann.
Der Standpunkt, der damit an die Stelle einer Antwort tritt, enthält einen moralischen Überschuss, der über den Krieg, den und wie Deutschland ihn will und führen lässt, deutlich hinausgeht: Man hat Moral genug für noch viel mehr davon. Man ist sich Angstfreiheit schuldig in der Atomkriegsfrage. Praktisch – und praktischerweise – natürlich auf Kosten der Ukraine bzw. ihrer Bewohner. Auf deren Kosten sind die Strack-Zimmermanns der Nation für so viel Krieg, dass die nationale Berechnung der Regierung bei ihrer antirussischen Kompromisslosigkeit glatt den Charakter der Zurückhaltung annimmt.
Man ist nicht nur für den Krieg; man ist für mehr Krieg und weiß dafür sogar so etwas wie einen Grund: Man muss die Eskalation, die Putin unterstellt wird – nach der Ukraine käme das Baltikum an die Reihe –, mit einer umso drastischeren eigenen Eskalation – Sieg in der Ukraine bis zu einer kompletten russischen Niederlage – überholen, damit sie erst gar nicht stattfinden kann. Wirklicher Krieg gegen ein geglaubtes Feindbild: Dazu sind Moralisten allzeit bereit; und wenn sie die Macht haben und sich verpflichtet sehen, über Leichen zu gehen, dann tun sie das auch.
Bleibt gleichwohl die Frage: Warum? Wozu? Welchen nationalen Zweck, welche Staatsräson verfolgt Deutschland mit dem Krieg, den es will? (…)
Nebenbei: Es passt zur nationalen Notwendigkeit dieses Fortschritts, dass nicht die Kerntruppe aus einstigen Revanchisten und deren christlich-militaristischen Erben ihn vollführen darf, sondern die Ampel-Koalition mit ihrem Traditionsbestand aus sozialdemokratischer Ostpolitik und grüner Friedensliebe sich zu ihm berufen sieht. Indem sie sich so explizit von ihrer Vergangenheit distanzieren und patriotischen Größenwahn als Pflichtaufgabe vorführen, legen die Wahlsieger praktisch Zeugnis davon ab, dass ihr Kampf um den Status Deutschlands als Europas antirussische Führungsmacht zu der deutschen Staatsräson gehört: Sie machen die, moralisch beseelt, zu ihrer Regierungssache.
Das jedenfalls leistet der Ukraine-Krieg für Deutschland: Er provoziert den nächsten großen Schritt zu der Größe, die der Nation zusteht. Wann, wenn nicht jetzt? Darum will Deutschland diesen Krieg.
Dieser Artikel ist zuerst auf GegenStandpunkt.com als Vorabveröffentlichung aus der Zeitschrift GegenStandpunkt 4-22 erschienen.
https://overton-magazin.de/krass-konkret/deutschland-will-den-krieg-warum-eigentlich/
Kann mir jemand weiter helfen:
Worin soll ein „moralischer Überschuss“ bestehen und was ist damit gemeint: dass der „der über den Krieg, den und wie Deutschland ihn will und führen lässt, deutlich hinausgeht“: … Und auch noch das verstehe ich nicht: „Man hat Moral genug für noch viel mehr davon. Man ist sich Angstfreiheit schuldig in der Atomkriegsfrage“.
Das danach folgende habe ich verstanden und ist richtig
Ricardo
Ich habe das so verstanden:
Wenn der Krieg in der Ukraine als Kampf des Guten gegen das Böse dargestellt wird, gibt es da keine Schranken der Mittel auf Seiten der Guten. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass es radikalere Positionen als die Regierungslinie gibt. Wenn man gegen das Böse kämpft, darf man keine Angst vor einem Atomkrieg haben und muss der Ukraine die Waffen zur Verfügung stellen, die sie verlangen.
„Ein Jahr Arbeitsschutzkontrollgesetz in der Fleischindustrie: Eine alternative Bilanz“
Dieser Artikel ist eine Vorabveröffentlichung aus der Zeitschrift GegenStandpunkt 4-22, die am 16.12.2022 erscheint.
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/jahr-arbeitsschutzkontrollgesetz-fleischindustrie