GegenStandpunkt 3-22 erscheint am 23.09.2022
Von webmaster • Sep. 15th, 2022 • Kategorie: AllgemeinGegenStandpunkt 3-22
Politische Vierteljahreszeitschrift
Erscheinungsdatum: 23.09.2022
Editorial: Kriegsmüdigkeit
Die deutsche Außenministerin warnt vor Kriegsmüdigkeit. Allen Ernstes. Ist die Frau noch bei Trost?
Ja, sicher, sie redet vom Krieg in der Ukraine. Der ist weit genug weg, dass nicht die Leute, die sie demokratisch mitregiert, zum Töten und Sterben abkommandiert werden, sondern – erst einmal – nur einige Millionen Slawen. Aber genau das ist ihr, nicht räumlich, sondern qualitativ gesehen, zu weit weg. Sie meint, dass von den Ukrainern unser Krieg geführt wird. Und sie meint damit nicht, dass wir froh sein können, einen nationalen Haufen gefunden zu haben, der für uns den Kopf hinhält. Sie mahnt uns zur Identifizierung mit denen, die dort hinten, weit am Schwarzen Meer, zum Töten und Sterben abkommandiert werden. Identifiziert sie auch sich mit denen, die dort das Kommando haben? Bereitet sie sich darauf vor, es der ukrainischen Führung gleichtun zu dürfen? Ermahnt sie ihre Ampel – und die mitregierende Opposition gleich mit – dazu, Menschenopfer nicht zu scheuen?
Vielleicht tut sie ja nur so. Von Krieg in dem Sinn redet sie gar nicht. Sondern von einem guten Zweck. Von unseren Werten, für die die Ukrainer sich so todesmutig opfern und Russen töten; Freiheit, Demokratie und so Sachen. Den €uro meint sie damit sicher nicht, geschweige denn den alltäglichen Konkurrenzkampf um dessen Erwerb.
Die Methode, nach der ihre Grüne Partei an die Kommandomacht im Staat gekommen ist, meint sie sicher auch nicht. Aber was meint sie dann?
Werte ist das eingebürgerte Wort für die zielgenaue Abstraktion von allen wirklichen politischen und ökonomischen Lebensverhältnissen und Staatseinrichtungen. Mit dem Zielpunkt nämlich, dass in oder hinter dieser Leerstelle etwas steckt, das unbedingten Einsatz wert ist. Kein Lebens- oder Genussmittel, sondern jenes Höhere, Absolute, für das eine wertegebundene Staatsmacht – und welche in der Welt wäre das nicht?! – ihre Bürger zum Totmachen und Sterben abkommandiert, wenn sie Krieg macht. Werte haben ihren ganzen Inhalt in ihrer Funktion, Gewalt zu rechtfertigen; in Baerbocks Fall: Krieg zu idealisieren. Der darf deswegen auch gerne andauern; bis in den Sommer kommenden Jahres, veranschlagt die Regierung fürs Erste.
Dessen darf das Volk nicht müde werden. Das ist schon gemeint.
Um es nochmal so zu sagen:
Entweder möchte die Ministerin den Regierten mitteilen, dass die Phrase von der Opferbereitschaft des guten Staatsbürgers keine bloße Phrase ist; dass die Regierung jedenfalls nicht ansteht, sie in die Tat umzusetzen, wenn sie Soldaten braucht. Und dass das Volk sich nicht zu wundern braucht, wenn es dazu abgeholt wird, sondern allzeit und nimmermüde bereit sein muss, seinem Staat als Waffe zu dienen.
Oder, die andere Möglichkeit: Man hat es mit dem brutalen Zynismus einer Ersatzkanzlerin zu tun, die sich und ihr Volk beim wertegeleiteten kriegerischen Verheizen fremder Völkerschaften zum Durchhalten ermahnt.
Drittens ist das womöglich gar kein Entweder – Oder.
Leute wie Baerbock, regierende wie oppositionell scharfmacherisch mitregierende, machen seit einem halben Jahr eine Zeitenwende. Wozu sie es da mittlerweile gebracht haben, weltweit und daheim, davon handelt diese Zeitschrift.
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/kriegsmuedigkeit
Artikel in dieser Ausgabe:
– Das erste Halbjahr Ukraine-Krieg: Von einer Spezialoperation gegen einen antirussischen NATO-Vorposten zum Zermürbungskrieg:
Selbstbehauptung vs. Zerstörung der russischen Militärmacht
– Die Kaliningrad-Blockade durch Litauen: Ein beherzter Vorstoß in der Auseinandersetzung mit Russland https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/kaliningrad-blockade
– Der Wirtschaftskrieg wird global und prinzipiell
– Der Wirtschaftskrieg gegen Russland kommt in Deutschland an
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/wirtschaftskrieg-gegen-russland-kommt-deutschland-an
– Botschafter Melnyk und sein Gastland unterhalten sich über ihre Völkerfreundschaft
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/botschafter-melnyk
– Mehr deutsche Macht – das nationale Grundbedürfnis, dem Politik und Volk gefälligst gerecht werden sollen
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/mehr-deutsche-macht
– Wolfgang Thierse – die nachdenkliche Stimme der SPD: Die wenig begeisterte Parteinahme für die deutsche Kriegsbeteiligung aus dem Geist der alten SPD-Politik
– Bemerkungen zur Machart freiheitlich-demokratischer Kriegspropaganda
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/machart-demokratischer-kriegspropaganda
– „Die Selbstgerechten“: Sahra Wagenknechts Abrechnung mit den Linken
https://de.gegenstandpunkt.com/publikationen/zeitschrift/gegenstandpunkt-3-22
https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/zeitschrift/werbung/gs20223_inhalt.pdf
Ab morgen ohne Bezahlschranke lesbar:
Theo Wentzke: Deutschland kriegt die Krise
Gasumlage, Energieknappheit und Fragen der Gerechtigkeit. Der Wirtschaftskrieg gegen Russland stellt Staat und Kapital vor Probleme
Theo Wentzke
Der Beschluss, immer weniger russisches Gas einzukaufen, vor allem aber der russische Gegenschlag, selbst immer weniger davon nach Deutschland zu liefern, stellt die Kombination aus Marktwirtschaft und Planwirtschaft, die diesen Sektor der nationalen Ökonomie auszeichnet, vor einzigartige Herausforderungen. Immer schon greift der Staat in diesen Sektor mit einer doppelten Zielsetzung ein: Erstens muss die materielle Versorgung mit diesem Stoff sichergestellt werden – als Produktionsfaktor der Wirtschaft und als Konsumgut von Privatleuten fürs Heizen und Kochen. Die stoffliche Versorgung soll zweitens zu Preisen abgewickelt werden, die die Konkurrenzfähigkeit deutschen Kapitals im Weltvergleich sichern und dafür taugliche deutsche Löhne nicht überfordern.
Das doppelte Ziel von materieller Versorgung des Standorts zu rentablen Preisen zu verwirklichen, überlässt der Staat privaten Energiehändlern und -importeuren, die damit drittens ihr Geschäft machen soll…
https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/434806.im-wirtschaftskrieg-deutschland-kriegt-die-krise.html
Theo Wentzke: Deutschland kriegt die Krise
Gasumlage, Energieknappheit und Fragen der Gerechtigkeit. Der Wirtschaftskrieg gegen Russland stellt Staat und Kapital vor Probleme
Der Beschluss, immer weniger russisches Gas einzukaufen, vor allem aber der russische Gegenschlag, selbst immer weniger davon nach Deutschland zu liefern, stellt die Kombination aus Marktwirtschaft und Planwirtschaft, die diesen Sektor der nationalen Ökonomie auszeichnet, vor einzigartige Herausforderungen. Immer schon greift der Staat in diesen Sektor mit einer doppelten Zielsetzung ein: Erstens muss die materielle Versorgung mit diesem Stoff sichergestellt werden – als Produktionsfaktor der Wirtschaft und als Konsumgut von Privatleuten fürs Heizen und Kochen. Die stoffliche Versorgung soll zweitens zu Preisen abgewickelt werden, die die Konkurrenzfähigkeit deutschen Kapitals im Weltvergleich sichern und dafür taugliche deutsche Löhne nicht überfordern.
Das doppelte Ziel von materieller Versorgung des Standorts zu rentablen Preisen zu verwirklichen, überlässt der Staat privaten Energiehändlern und -importeuren, die damit drittens ihr Geschäft machen sollen. Für die ist die Versorgung der Gesellschaft mit Gas eine Gelegenheit, ihren Reichtum zu mehren, andererseits konfligiert das Gebot gesicherter Versorgung mit der freien Kalkulation von Mengen und Preisen, die ihr Geschäft braucht. Den Widerspruch zwischen dem privaten Geschäftssinn und seinem Versorgungsauftrag bearbeitet der Staat mit einer besonderen Aufsicht über diese Branche. Ein kompliziertes Geflecht von gesetzlichen Vorschriften und finanziellen Anreizen ringt der Gewinnmaximierung der beteiligten Firmen das Zusammenfallen von Versorgungssicherheit und Billigkeit des Grundstoffs ab. (Forts.) :
https://www.jungewelt.de/artikel/434806.im-wirtschaftskrieg-deutschland-kriegt-die-krise.html
vgl. https://de.gegenstandpunkt.com/publikationen/zeitschrift/gegenstandpunkt-3-22
Dieser Artikel ist eine Vorabveröffentlichung aus der Zeitschrift GegenStandpunkt 4-22, die am 16.12.2022 erscheint:
Deutschland will den Krieg
Oder wie soll man das sonst verstehen, wenn täglich von Mitgliedern der regierenden Koalition der Krieg in der Ukraine zu unserer, also Deutschlands Sache erklärt wird? Wenn zu jeder Gelegenheit die Entsendung von mehr und schwereren Waffen gefordert wird und das auch in steigendem Umfang stattfindet? Wenn es regierungsamtliche Linie ist, die Ukraine in ihrer Kriegsführung dauerhaft zu unterstützen, solange sie das braucht?
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/deutschland-will-den-krieg
Amen!