Renate Dillmann: Krankenhäuser als Profitcenter
Von webmaster • Feb. 15th, 2022 • Kategorie: AllgemeinRenate Dillmann: Krankenhäuser als Profitcenter
Wie der Versuch, die Kosten des Gesundheitswesens zu kontrollierten, die deutsche Hospitäler in fast vorbürgerliche Zustände geführt hat (Teil 3 und Schluss).
Krankenhäuser haben sich seit der Einführung von Fallpauschalen 1997 verstärkt zu Unternehmen mit dem Ziel der Gewinnerwirtschaftung gewandelt; Pflegeeinrichtungen sind es seit Einführung der Pflegeversicherung 1995 ebenfalls. Das hatte Konsequenzen. Wenn nämlich die soziale Dienstleistung Mittel einer Geschäftskalkulation ist, dann ist der Zweck einer ambulanten Pflegestation, eines Krankenhauses, eines Altenpflegeheims nicht mehr zwingendermaßen die möglichst gute, dem Patienten zugewandte Pflege oder Behandlung.
Der Zweck ist vielmehr, mit der Pflege eines alten oder behinderten Menschen oder einer Hüft- bzw. Blinddarm-Operation einen Überschuss zu erwirtschaften.
Von diesem gewollten Zweck her muss alles, was dafür notwendigerweise gebraucht wird, als Kosten in den Blick genommen werden – seien es die Löhne der Ärzte und des Pflegepersonals bis hin zum Putzdienst und anderen Hygienemaßnahmen, seien es die Krankenhausbetten, die auch einmal unbenutzt dastehen – was unter diesen Bedingungen kein Glück, sondern eine mittlere Katastrophe ist, weil leere Betten einfach nur dastehen, ohne für Einnahmen zu sorgen.
Diese Kosten müssen selbstverständlich ständig minimiert werden. Das hat zu einer Art von Generalrevision in allen Einrichtungen geführt.
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Inzwischen ist sich die Politik parteiübergreifend einig geworden, dass eine allgemeine Gesundheitsversorgung auf Basis des bisherigen Systems „nicht zu leisten ist“. Die Wahrheit ist: Die vom Lohn verstaatlichten Teile geben es beim aktuellen Lohnniveau schlicht nicht her, die Leistungen des Gesundheitsmarkts mit seinen staatlich anerkannten Gewinnansprüchen zu finanzieren, wenn die Löhne gleichzeitig dafür taugen sollen, dass Deutschland weiter Europas stärkste Wirtschaft ist und weltmeisterliche Exportüberschüsse bilanziert.
Der vorläufige politische Schluss daraus: Aufsplittung in eine medizinische Grundversorgung über die Krankenkassen und eine private Zusatzversorgung, die jeder aus seinem eigenen Geldbeutel in „eigener Verantwortung“ zu leisten hat; oder auch nicht.
So kann der Einzelne zeigen, wie viel ihm seine Gesundheit – bekanntlich unser höchstes Gut – tatsächlich wert ist und die plurale Zivilgesellschaft wird mit Sicherheit noch ein Stück vielfältiger, wenn wieder mehr Menschen ohne Zähne, aber mit viel Würde durch die Fußgängerzonen spazieren.
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