Renate Dillmann: China und die Olympischen Spiele
Von webmaster • Feb. 10th, 2022 • Kategorie: AllgemeinRenate Dillmann
China und die Olympischen Spiele: Ein schreckliches Versehen Olympische Idee in falschen Händen!
Es geschehen wirklich schlimme Sachen in dieser Welt. Nein, nicht schon wieder, was Sie denken – Klimawandel, Welthunger, Kriege, Corona-Seuche, Plastik-Müll in den Weltmeeren und mehr. Wirklich erschreckend ist das, was wir gerade in Beijing sehen müssen: Ein „perfekt inszeniertes Sportereignis“. Denn dieses Ereignis – halten Sie sich jetzt fest und seien Sie ganz stark – wird von einem Staat (!) dazu benutzt, sein Prestige (!) aufzubessern. (…)
und
Renate Dillmann: Ein deutscher Journalist guckt sich die Olympiade in Peking an (2008)
und so fasst er zusammen, was er gesehen und erlebt hat:
„Ein langer Arm hat alles und jeden in Peking auf seinen Platz geschoben – die Goldgewinner so wie das Putzpersonal. Zufälle waren nicht vorgesehen im olympischen Plan. Die Zigarettenhändlerin Wang Qin sagt trotzdem, es sind schöne Spiele gewesen.“
Interessante Feststellungen sind das, die erstens viel über die selektive Wahrnehmung und die jahrzehntelang vorgebildeten Urteile des Holger G., seines Zeichens SZ-Schreiber, verraten.
Und die zweitens vorführen, wie ein gewiefter Journalist die Meinung seines Publikums bildet. In aller Freiheit, versteht sich.
https://www.renatedillmann.de/
Renate Dillmann: „China jubelt“
Olympia und eine überraschende Entdeckung: Chinesen sind begeisterte Patrioten.
Angesichts der laufenden Olympiade stellen westliche Beobachter immer wieder mit Bedauern fest, dass das chinesische Volk sich trotz aller materiellen Probleme, die es zu bewältigen, trotz aller gesellschaftlichen Ungleichheit, die es moralisch zu verarbeiten, und auch trotz aller behördlich-politischen Schikanen, die es zu erdulden hat, mehrheitlich einig weiß mit seiner politischen Führung. Eine Erklärung für diesen in der Tat bemerkens- und erklärenswerten Sachverhalt liefern sie auch: Für dieses Verhalten kann nur ein höchst fragwürdig zustande gekommener Nationalismus verantwortlich sein.
Es ist interessant, wie hellsichtig diese Leute sein können, wenn sie aus Ländern berichten, die ihnen nicht genehm sind. Da fällt den Profis in Sachen Weltbeobachtung glatt auf, was sie sonst eher selten und in ihren Heimatländern schon gar nicht feststellen können: Menschen, die nicht Nutznießer der ökonomischen und politischen Verhältnisse sind, in denen sie leben, stehen „trotzdem“ zu ihrer Regierung und „lieben“ erklärtermaßen und sogar ziemlich fanatisch die Nation, die ihnen doch ihr schäbiges Leben einbrockt.
Allein durch die Bewältigung des eigenen Alltags findet praktische Loyalität gegenüber der Staatsgewalt statt
Ganz normale Nationalisten …
Das chinesische Volk steht in seiner großen Mehrheit loyal zu seiner Führung und patriotisch zu seiner Nation – über diese Feststellung kann man sich, und zwar in sehr unterschiedlicher Hinsicht, ärgern.
Die westliche Öffentlichkeit sympathisiert sehr berechnend mit Äußerungen von Unzufriedenheit gegenüber dem chinesischen Staat. Dort, in China, setzt man sich für arme Bauern ein, für Bürger, denen Unrecht geschehen ist, für Meinungsfreiheit, für unterdrückte Minderheiten. Mit solchen Beiträgen profilieren sich Journalisten liebend gerne, die hier neue EU-Agrarbeschlüsse, die Kleinbauern ihre Existenzgrundlage entziehen, mit dem Etikett „unumgänglich“ belegen, die Agenda 2010 eher für zu rücksichtsvoll im Umgang mit „sozialen Besitzständen“ halten, abweichende Meinungen grundsätzlich aus ihrer Presse und ihrem Fernsehen heraushalten und von Demonstranten immer nur das eine wissen wollen, nämlich wie sie es mit der Gewalt halten (nicht der natürlich, die über sie herrscht, sondern den Steinen, die eventuell mal die Scheibe eines Bankgebäudes treffen).
Dass sich die von den marktwirtschaftlichen Praktiken Geschädigten wirklich erheben und jeder Art von Staatsgewalt, die sie für ihr nationales Erfolgsprogramm benutzt, ein für alle Mal die Treue kündigen und zukünftig die praktische Gefolgschaft verweigern – das wollen all die mitleidigen, entsetzten und aufgewühlten Redakteure natürlich überhaupt nicht, dort nicht, auf keinen Fall aber hier.
https://krass-und-konkret.de/politik-wirtschaft/china-jubelt/
Von Renate Dillmann ist im Verlag Die Buchmacherei das Buch erschienen: China – ein Lehrstück über alten und neuen Imperialismus, einen sozialistischen Gegenentwurf und seine Fehler, die Geburt einer kapitalistischen Gesellschaft und den Aufstieg einer neuen Großmacht.
https://diebuchmacherei.de/produkt/china-ein-lehrstueck/