Rudi Netzsch: Vorsicht vor der Egoismus-Keule!
Von webmaster • Feb. 1st, 2022 • Kategorie: AllgemeinRudi Netzsch:
Vorsicht vor der Egoismus-Keule!
Wie der Begriff gleich einer Joker-Karte in gesellschaftspolitischen Debatten benutzt wird. Und warum weniger „Egoismus“ das Klima und die Welt nicht retten wird.
Was ist Egoismus?
Wie taucht der Begriff Egoismus in Debatten auf?
Wie diese Produktion organisiert ist, welche Eigentumsverhältnisse dabei zugrunde liegen, wie daher die verschiedenen Rollen der Beteiligten bestimmt sind, und ob deshalb nicht am Ende ganz andere Interessen maßgeblich sind, als schlicht und einfach den Konsumwünschen der Leute nachzukommen – all das taucht von vornherein gar nicht erst als Fragestellung auf.
Zu einer derart abstrakten Vorstellung von der Gesellschaft passt natürlich der abstrakteste moralische Vorwurf, den man sich denken kann ausgezeichnet dazu, eben der des Egoismus: letzterer sei der Grund allen Übels. So einfach wird die Rettung der Welt nicht funktionieren.
https://www.heise.de/tp/features/Vorsicht-vor-der-Egoismus-Keule-6343338.html?seite=all
Zur Abwechslung mal was zum Klima-Thema:
„Geht die Welt eher unter als der Kapitalismus?
Die Grenzen des Wachstums werden spürbar. Dennoch fordert Olaf Scholz ein „klares Bekenntnis zum Wachstum“ ein. Gibt es keinen Einspruch dagegen?“ (07. März 2022)
https://www.heise.de/tp/features/Geht-die-Welt-eher-unter-als-der-Kapitalismus-6540603.html?seite=all
Wieder was zur Abwechslung: Diesmal gehts um falsche Vorstellungen zu Entwicklungsländern und zur Technologie/Industrie
„“Small is beautiful“, dieser Slogan wird bis jetzt oft und gern zitiert, vor allem von solchen Gesellschaftskritikern, die das Problem der Zeit im modernen Lifestyle ausmachen. Was steckt dahinter?
Der Slogan ist der Titel eines von Ernst Friedrich Schumacher 1973 veröffentlichten Buchs, das als ‚Die Rückkehr zum menschlichen Maß‘ auch auf deutsch erschienen ist.“
https://www.heise.de/tp/features/Small-is-beautiful-6665535.html?seite=all
Rudi Netzsch: Ist die Marktwirtschaft alternativlos?
Marktwirtschaft wird heute wie eine Religion verteidigt. Warum Alternativen dennoch notwendig sind. Und weshalb eine Debatte über Systemfragen keine „verhängnisvolle Anmaßung“ ist (Teil 1)
Karl Marx hat sehr wenig über die Gestaltung einer möglichen künftigen, sozialistischen Gesellschaft gesagt. Vielmehr war für ihn die wissenschaftliche Analyse des Bestehenden vordringlich, denn nur durch diese ist begründbar, welche Systemänderungen notwendig sind, was also geändert werden muss und wo anzusetzen ist.
Konkrete Bestimmungen der Alternative könnten und würden sich im Zug ihrer politischen Vorbereitung und Durchsetzung ergeben. Wie sich solche Formen im revolutionären Kampf herausbilden, war dementsprechend einer der Aspekte, unter denen er die Erfahrungen der Pariser Kommune in seiner Schrift Der Bürgerkrieg in Frankreich darstellte.1
Der bekannteste und zugleich ausführlichste Hinweis, den Marx über die künftige Gesellschaft gegeben hat, findet sich in der Kritik des Gothaer Programms2. Er unterscheidet darin eine „erste Phase“ der kommunistischen Gesellschaft, welche „eben aus der kapitalistischen Gesellschaft nach langen Geburtswehen“3 hervorgegangen sein wird, von einer höheren Stufe, die er durch das Prinzip „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“4 gekennzeichnet sieht.
Darüber, wie lange die erste Stufe andauern wird und was die Kriterien für den Übergang zur zweiten Stufe sein werden, kann nicht viel gesagt werden, solange die Herrschaft des Kapitals noch ungebrochen ist, und daher nicht einmal die Entstehungsumstände für die erste Stufe erkennbar sind.
Eines soll aber in jedem Fall angemerkt werden: je weiter die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen durch den Kapitalismus voranschreitet, desto schwieriger wird es nach dessen Überwindung werden, die kommunistische Gesellschaft aufzubauen, und umso länger wird es dauern, ihre höhere Stufe zu erreichen. Im Folgenden wollen wir jedoch nur über die erste Phase sprechen,5 wobei selbstverständlich mit „Sozialismus“ nicht das gemeint ist, was es einst als „Realsozialismus“ gab.
Die Verselbständigung des Geldes
Verschwendung und Schweinezyklus
Oft wird von den Apologeten des Kapitalismus bezweifelt, dass so große Produktionseinheiten, wie es die gesamte Wirtschaft im Sozialismus wäre, in effizienter Weise mittels interner Planung funktionieren könnten.
So zu argumentieren, widerspricht jedoch gerade dem, was man im Kapitalismus ständig beobachten kann, denn es ist ja gerade die Effizienzsteigerung durch Größengewinn, was im Kapitalismus unentwegt Erweiterungen und Zusammenschlüsse von Firmen motiviert. In Wirtschaftskreisen hat sich dafür auch schon ein eigener Terminus eingebürgert: Synergieeffekte.
Ein anderes Argument betrifft die Innovationsfreudigkeit, die angeblich nur durch die Konkurrenz am Markt motiviert werden könne. Das ist, wenn es denn je gegolten hat, nicht mehr zeitgemäß, denn neue Technologien zu entwickeln, verlangt heute so große Vorschüsse an Forschungsarbeit, deren Resultat und damit deren Anwendungsmöglichkeiten zudem im Voraus schwer abschätzbar sind, dass diese fast immer erst einmal in öffentlichen Institutionen erfolgt oder staatlich stark subventioniert wird.
Teil 2: Die Wundertätigkeit des Markts
https://www.heise.de/tp/features/Ist-die-Marktwirtschaft-alternativlos-7306332.html?seite=all
Rudi Netzsch: Die Wundertätigkeit des Marktes
Neoliberale sehen den Markt wie ein selbsttätiges Wesen. Die Mechanismen des Markts regeln demnach manches ganz von selbst. Stimmt das? (Teil 2 und Schluss.)
Oft hört man den Einwand gegen die Planwirtschaft, dass es in dieser gar nicht so einfach wäre, die Preise festzulegen, also im hier dargestellten Modell: zu ermitteln, wie viel Arbeitszeit in jedem Produkt steckt.
Dazu ist zu sagen, dass die Schwierigkeit höchstens darin bestehen würde, zu berücksichtigen, dass auch die in den Produktionsmitteln steckende Arbeitszeit im Preis des Produkts eingerechnet werden muss, und dies entsprechend auch für die bei der Produktion der Produktionsmittel verwendeten Produktionsmittel, und so fort. Indessen wird schon nach wenigen Stufen der Unterschied gar nicht mehr so groß sein, so dass brauchbare Näherungswerte schnell berechnet sind.
So genau muss es auch gar nicht bestimmt werden, denn wenn sich der genaue Wert erst durch längere Rechnungen feststellen lässt, wird auch für den Käufer die Abweichung nicht erkennbar sein, geschweige denn, dass es für ihn störend wäre. Schließlich geht es ihm ja darum, in angemessener Menge die benötigten oder erwünschten Güter zu bekommen, und nicht darum, bis auf die x-te Nachkommastelle exakt seinen erarbeiteten Anspruch einzulösen.
Überhaupt könnte man es als nicht zwingend erforderlich betrachten, dass sich die Preise an der Arbeitszeit orientieren, denn es wurde an der angegebenen Stelle in der Kritik des Gothaer Programms ja nur deswegen so dargestellt, weil es eben das ist, was erst einmal aus der alten Gesellschaft übernommen wird, bis sich etwas Besseres entwickelt.1 (…)
„Gleichgewicht“ des Markts existiert nur als Resultat fortwährender Krisen
Das „Allokationsproblem“
Das Prinzip dieser Apologie der Marktwirtschaft ist also dies: Man misst Alternativen zur Marktwirtschaft an einem absurden Maßstab, dem auch die Marktwirtschaft nicht gerecht werden kann und der an diese daher von vornherein nicht angelegt wird.
Angesichts solcher Gedankenkonstruktionen fragt man sich, worin das Allokationsproblem eigentlich noch bestehen soll. Es drängt sich der Schluss auf: Das Allokationsproblem ist ein „Problem“, das eigens erfunden wurde, um die Marktwirtschaft dafür zu feiern, dass sie es löst.
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