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Johannes Schillo: Parteinahe Stiftungen: honoriert für die Nähe zur Macht

Von • Sep. 30th, 2021 • Kategorie: Allgemein

Johannes Schillo: Parteinahe Stiftungen: honoriert für die Nähe zur Macht

Die Wahl ist gelaufen. Die Volkssouveränität ist für einige Sekunden beim Besuch der Wahlkabine in Erscheinung getreten und das freiheitlichste Regime, das es je auf deutschem Boden gab, hat die Sache wieder einmal reibungslos über die Bühne gebracht; nämlich, wie Kritiker respektlos resümieren, die Indienstnahme der Regierten für die Ermächtigung des Herrschaftspersonals durchgezogen.

 

Telepolis ist auf diese „Sternstunde der Demokratie“ mehrfach mit kritischen Beiträgen eingegangen (vgl. „Bundestagswahl 2021: Was nicht gewählt werden kann und was jetzt schon feststeht“ und „Bundestagswahl 2021: Sternstunde der Demokratie?“).

 

In dem Kontext kam auch eine besondere Einrichtung des bundesrepublikanischen Staates zur Sprache, die nicht zuletzt für die Stabilität des hiesigen Parteiensystems sorgt und daher von einem populistischen Newcomer wie der AfD argwöhnisch beäugt, aber auch gerne selber in Anspruch genommen wird: die sogenannten parteinahen Stiftungen (vgl. „Rechtspopulismus – vom Bund gesponsert?“).

Zu diesem Institut hier – im Nachgang zur Wahl und als Ausblick auf die erneute Etablierung eines stabilen Parteiensystems – einige sachdienliche Hinweise.

 

Gut geschmierte Apparate

Parteinahe Stiftung: ein rechtsfreier Raum?

Wofür Parteien da sind …

… und wofür Parteien nicht da sind

Machtpolitik – im Innern und Äußeren

 

Laut der DGAP-Studie geht es den Stiftungen darum, im Ausland „politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Eliten, denen eine besonders wichtige Rolle bei der Etablierung demokratischer und marktwirtschaftlicher Strukturen zukommt, zu fördern“.

 

Dies sei ein Ziel, das „die regierungsoffizielle Außenpolitik aufgrund einer auch durch fundamentale völkerrechtliche Normen gebotenen Zurückhaltung kaum in vergleichbar direkter Weise“ verfolgen könne. Der Punkt mit der „gebotenen Zurückhaltung“ ist natürlich ein Witz – angesichts von zwei Dutzend Jahren deutscher militärischer Einmischung im Fall angefeindeter Regime vom Balkan bis zum Nahen Osten!

Aber die – formal – substaatliche Einflussebene hat auch ihre Relevanz, speziell was die Neugründung oder den Aufbau von Parteien (siehe Ukraine, siehe Russland) angeht. In den Richtlinien des Auswärtigen Amtes heißt es über die Stiftungen ganz banal, sie trügen „zur Vorbereitung und Flankierung der deutschen Außenpolitik bei“.

 

Die DGAP-Experten wollen zwar nicht „hinter allen möglichen wichtigen Entwicklungen und Veränderungen in anderen Staaten eine geheimdienstähnliche ‚invisible hand‘ der Stiftungen vermuten“, aber dass sie an außenpolitischen Weichenstellungen entscheidend mitgewirkt und sich faktisch zu einem bedeutsamen, „wenn auch wenig sichtbaren und kaum schlagzeilenträchtigen“ Element deutscher Außenpolitik entwickelt haben, sei nicht zu bestreiten.

 

Für die Wissenschaftler ein Beleg, dass deutsche Machtpolitik – was sich als Bedenken, aber auch mit Stolz vortragen lässt – „nicht der Vergessenheit anheimgefallen“ ist. Ein „Beitrag zur Stabilisierung“ der BRD, wie die Bundeszentrale hervorhebt, wird auf diese Weise im Innern wie im Äußern allemal auf den Weg gebracht. Und das muss man sich eben etwas kosten lassen.

 

https://www.heise.de/tp/features/Parteinahe-Stiftungen-honoriert-fuer-die-Naehe-zur-Macht-6202636.html?seite=all

9 Responses »

  1. Zwei weitere Artikel von Schillo:

    https://www.heise.de/tp/features/Massenvernichtung-und-Weltuntergang-als-Nervenkitzel-6226948.html

    https://www.heise.de/tp/features/Koennen-uns-Politiker-eigentlich-alles-erzaehlen-6254503.html

  2. Der Text über „Massenvernichtung und Weltuntergang“ erschien auch noch anderswo im Netz, eine leicht veränderte Fassung am 25. Oktober bei „Scharf links“ (http://www.scharf-links.de/) unter dem Titel „US-Kulturimperialismus: Der nukleare Holocaust als volkspädagogischer Nervenkitzel“. Inhaltlich interessant sind hier wohl nur zwei Ergänzungen. So heißt es zur Aufnahme des Buchs in Deutschland:
    „Ob Stavridis‘ Buch ins Deutsche übersetzt wird, ist noch nicht klar. Dass die NATO und die deutsche Bündnistreue komplett ausgeklammert werden – und das auch noch von einem ehemaligen NATO-Oberbefehlshaber! –, macht hiesigen Lesern natürlich die Einfühlung schwer. Wo ‚wir‘ uns doch gerade bis zur Ukraine, bis zum ‚russischen Vorgarten‘ (um Stavridis‘ Metapher zu benutzen), aufstellen! Und wo der Bundespräsident zum diesjährigen Jubiläum des ‚Unternehmens Barbarossa‘, des deutschen Überfalls auf Sowjetrussland, erklärte, dass es ein derartiges Einzelgängertum nicht mehr geben werde, sondern nur noch treue Einbindung ins Bündnis und in die US-Interpretation des Völkerrechts.
    ‚Dank der absoluten moralischen Distanz des heutigen deutschen Wir zum Damaligen, ist alles politische Tun des heutigen deutschen Wir im Verbund mit der NATO, einschließlich kriegsvorbereitender Aufrüstung und Großmanöver in unmittelbarer Nähe der russischen Grenze und Einflussgebiete je schon mit dem Siegel des Guten und des unerschütterlich guten Gewissens versehen‘ (siehe „Mit Recht Krieg“). So werden ja demnächst auch sicher einige ‚unserer‘ Afghanistan-Veteranen zur Feder greifen, um deutsches Soldatenethos im 21. Jahrhundert mit rasanten Stories und blutvollen Porträts zu bebildern…“
    Die Metapher vom „Vorgarten“ benutzt der US-Admiral übrigens, um dem Leser die Großmachtkonkurrenz zwischen den USA und China zu veranschaulichen: Die offizielle US-Version, im Fall der Spratley-Inseln würde die US-Flotte die Freiheit der Schifffahrt schützen, sei verlogen; sie verberge nur die banale Wahrheit, dass es sich hier um eine Art Nachbarschaftskonflikt handle. Der eine – die USA – fühle sich vom andern – der VR China – belästigt, weil der seinen Vorgarten immer weiter ausdehne. Total plausibel, dass der Vorgarten der Amis über den ganzen Pazifik bis kurz vor die Haustüre der Chinesen reicht! (Dagegen beginnt im neuen Atomkriegsroman von Ken Follet „Never“ die Eskalation damit, dass chinesische Waffen in die Hände islamistische Terroristen auf afrikanischem Boden, also in den europäischen Hinterhof, gelangen – auch ein gelungener Einfall.)
    Zur Ausklammerung der NATO in dem Eskalations-Szenario von „2034“ gibt es noch folgende Anmerkung:
    „Der SZ-Autor (12.8.21) vermutet, diese irre Konstruktion, die über die politischen Gegebenheiten, aber auch über die militärische Wucht des europäischen Schlachtfeld-Aufbaus komplett hinweggeht, sei auf die Abfassung des Buchs unterm Trump-Regime zurückzuführen. Hier habe der Eindruck, der amtierende US-Präsident zerstöre die NATO, Pate gestanden. Das ist wenig glaubhaft bei einem Roman, der zum Sommer 2021 herauskam, und bei Autoren, die sich noch die verrücktesten Kapriolen (Indien steigt zur bestimmenden Weltmacht auf etc.) leisten. Da wären auch mehr Klagen über den Niedergang des größten Kriegsbündnisses der Welt zu erwarten gewesen. Wie dem auch sei, an erster Stelle war wohl für die Autoren ausschlaggebend, dass Weltherrschaft, -krieg und -untergang schlicht und ergreifend US-amerikanische Angelegenheiten sind. Alle Bündnisfragen sind zweitrangig. Präsident Biden hat es ja fast zeitgleich beim US-Abzug aus Afghanistan vorgeführt. So gesehen ist das Buch in jeder Hinsicht auf der Höhe der Zeit.“

  3. Warum werden hier immer wieder Texte von Johannes Schillo verlinkt? Dieses verquaste fachjournalistische Zeug mit kleinen Hinweisen auf GS-Publikationen ist weder Wissenschaft noch Agitation.

  4. I recycle myself today ….(like everybody is doing all the time 🙄 )
    https://www.magazin-auswege.de/data/2018/06/Schillo_Clinton-Patt-1.pdf
    “ „Alle Bemühungen
    um die Ästhetisierung der Politik gipfeln in einem Punkt. Dieser eine Punkt ist der Krieg.“ ….“
    war benjamin, nich gs…..nuja…

  5. @Jan
    Behauptungen sind wenig überzeugend, wenn man sie nicht begründet.

  6. lets dance
    https://youtu.be/6n9Q8bsONw4

  7. Und was soll nun daraus folgen?

    http://www.fhuisken.de/downloadable/korrespondenz/korrespondenz-theorie-und-praxis.pdf

  8. Buch-Interview zur Sinnfrage:
    https://www.heise.de/tp/features/Letzte-Fragen-und-hinterletzte-Antworten-6293916.html

  9. Eine weitere Rezension von aktuellen Polit-/Kriegsromanen und ihren politischen Ideologien:
    https://www.heise.de/tp/features/Massenunterhaltung-fuer-Vorkriegszeiten-6303303.html?seite=all