Suitbert Cechura: Bundestagswahl 2021: Sternstunde der Demokratie?
Von webmaster • Aug. 24th, 2021 • Kategorie: AllgemeinSuitbert Cechura: Bundestagswahl 2021: Sternstunde der Demokratie?
Fiebert das Wahlvolk dem 26. September entgegen oder hat es vom Wahlkampf schon genug? Überlegungen zum Nutzwert des Wahlakts
Wahlen gelten als die Sternstunden der Demokratie, so auch die Bundestagswahl 2021. Das Ereignis wird als Gütesiegel der herrschenden Staatsform gefeiert, selbst wenn ein Großteil der verehrten Wähler und Wählerinnen auf Enthaltung (oder „weiß nicht“) plädiert, so mancher Journalist den Wahlkampf als langweilig bis abstoßend empfindet und die Wahlforscher lauter Defizite entdecken.
Auf den einen Tag, dieses Mal den 26. September, soll es ankommen.
Schließlich ist dann der Bürger gefragt. Von seiner einsamen und leider so schwer kalkulierbaren Entscheidung soll Entscheidendes abhängen – und damit zeigt sich laut einhelliger Expertenmeinung, dass er in der Demokratie die bestimmende Größe darstellt. Nur sollte man einmal nachfragen, wer eigentlich von der Wahl was hat, worüber das Wahlvolk entscheidet und wie es zu seiner Entscheidung gelangt.
Das Kreuz mit der Wahl
Der Wahlkampf – ein Krampf?
Lauter Alternativen für Deutschland
Kampf gegen Armut im Bundestagswahlkampf 2021
Im Schlafwagen zum Ziel oder heißer Wahlkampf?
Und so ist die verbreitete öffentliche Kritik, in diesem Wahlkampf kämen (wie in vielen früheren) die wichtigen Themen nur am Rande vor und würde misslungenen Büchern bzw. Auftritten von Politikern oder Politikerinnen zu viel Aufmerksamkeit geschenkt, ausgesprochen verlogen.
Es stellt sich hier doch als Erstes die Frage, wer denn das Feixen von Laschet hinter Steinmeiers Rücken zum Thema, wer von den Ausrutschern und stilistischen Fehlgriffen so viel Aufhebens macht. Es sind doch dieselben Journalisten, die dann an anderer Stelle das Fehlen einer Sachauseinandersetzung beklagen.
Wenn die Aufgaben der Politik feststehen, an denen die zukünftigen Herrscher sich zu bewähren haben, dann kommt es eben ganz auf die Personen und ihre Selbstdarstellung an. Von daher verwundert es nicht, dass dieser Wahlkampf so läuft, wie er läuft, und es spricht alles dagegen, sich daran konstruktiv zu beteiligen.
Es ist m.E. in einer Hinsicht ein Fortschritt anlässlich der „Sternstunde der Demokratie“
zu verzeichnen. Es werden insbesondere von den größeren etablierten Parteien
Parolen ausgegeben, die sich gar nicht mehr die Mühe machen, Unzufriedenheiten
des Bürgers, die einzig aus deren Status als Lohnabhängige und vom Staat Betroffene
und damit einhergehenden Widrigkeiten herrühren auf der Grundlage, nicht einen
Deut abrücken zu wollen von den verordneten Abhängigkeiten, sich vielmehr weiter
mit ihnen arrangieren zu wollen, herrschaftstauglich, als Zuspruch für die politischen
Kommandeure zu wenden, wo hinterher autonom die Sachnotwendigkeiten der Politik
auf der Tagesordnung stehen und sonst nichts, sondern unvermittelt
die Nation und dessen Fortschritt als einzig senkrechtes politisches Bedürfnis zu
kennen und dafür als Führer beauftragt zu werden.
Auf der Site tages-politik, genauer: https://tages-politik.de/Innenpolitik/Wahlspecial_2021.html.de
liest man hierzu das Folgende:
Wahl-Special – 2021
Es ist mal wieder wie alle 4 Jahre soweit: die Parteien wollen sich die erneute Ermächtigung
zum Regieren vom Untertanen abholen bzw. genauer: die Bestellung des Herrschaftspersonals
steht periodisch auf der Tagesordnung. Und die Parteien tun alles, um für sich und ihre Eignung
für die Kommandohöhen der Macht zu werben. Schon die plakatierten Slogans sind an Dumm-
Dreistigkeit nicht zu überbieten.
Beispiel SPD: Deren Kanzler-Kandidat wirbt schlicht mit der Parole: „Kompetenz für Deutschland“.
Das soll kein Nationalismus sein, dass es um nichts anderes geht, als den Fortschritt deutscher
Nation zu organisieren? Jede wie auch immer gestrickte Unzufriedenheit, jedes Interesse (außer
das der Geldgurus, die die Herrschaftsmittel herbeischaffen lassen) soll sich gefälligst klein
machen angesichts des Großen und Ganzen, für das man sich nämlich herzugeben habe, auf
dass deutsches Kapitalwachstum und deutsche Macht kräftigen Aufwind erfahren.
…
CDU-Laschet: „Gemeinsam für ein modernes Deutschland“
Der Möchtegern-Kanzler von den Christparteien beherrscht wie sein Kompagnon von
der SPD das bezeichnende Mantra, irgendwelches Interesse des Bürgers, wie es von
der negativen Betroffenheit durch die bürgerlichen Konkurrenzaffären und das staatliche
Rechtskorsett kündet (z.B. die Klage über zu viel steuerliche Belastung, was die falsche
Beschwerde ist, Lohnarbeiterarmut zur Frage des Zugriffs des Steuerstaates auf das erbärmliche Einkommen so zu erklären, dass der Wille zum Zurechtkommen mit den fortgesetzten
materiellen Drangsalen felsenfest steht) gleich gar nicht erst so aufzugreifen, dass es
herrschaftskonform gewendet wird (die gängige Angeberei, die eine oder andere Partei bürge
mit ihrer Ermächtigung einzig für Steuergerechtigkeit, damit die Zufriedenstellung eines
bestimmten Interesses an weniger Enteignung durch Steuern gerade nicht garantiert ist) –
sondern bei den Slogans von CDU wie SPD kennt man gleich nur noch Deutschland als das
einzig gültige Interesse. Die Nation und deren ‚modernisierte‘ Aufstellung, für die die Bürger
zu zahlen und den Reichtum erarbeiten zu haben, soll das ganze Argument sein, weshalb es
einen neuen Führer Laschet oder Scholz bräuchte.
Die Grünen: „Unser Land kann viel, wenn man es lässt. Bereit, wenn ihr es seid.“
Mit „unser Land“ und was es alles könne wird eine Gemeinschaftsveranstaltung vorstellig
gemacht, die ein einziges Lügengebäude ist. „Unser Land“ teilt sich in eine herrschaftliche
Ebene samt Geld-/Kapitalwirtschaft und das Untertanenvolk bzw. der lohnabhängigen Diener am nationalen Geldreichtum und Staatsmächtigkeit. Im Grunde verbirgt sich hinter „unser Land“ das Möchtegern-Herrscherduo Baerbock/Habeck, das derart unverschämt grinsend auf den
Grünen-Plakaten posiert, dass die angestrebte Inhaberschaft staatlicher Macht, das
Kommandieren des Volkes an vorderster Front einen einzigen Genuss bereitet. – Der Spruch
h „Bereit, wenn ihr es seid“ tut so, als hänge das Durchziehen eines Herrschaftsprogramms
als solches an der Bürgerschaft; realiter zielt dies natürlich auf die Stimme derselben, die
Grünen an die Schalthebel der Macht zu bringen; es geht schlicht um die personelle
Besetzung der letzteren, womit sich die Freiheit abgeholt wird, ganz unabhängig von
irgendwelchen Partikularinteressen der Bürger, eben absolut souverän die politischen
Anliegen gemäß Staatsräson durchzusetzen. In dem Grünen-Spruch hat man den Eindruck,
als kenne des Bürgers Interesse nur noch die deutsche Nation als seinen Inhalt: Das ist das
ganze Versprechen ans Volk: das Zusammenfallen von deren Interessen mit grün gefärbter
deutscher Regentschaft für Deutschand.
K o r r e k t u r
der Webadresse zum Wahlspecial 2021:
http://tages-politik.de/Innenpolitik/Wahlspecial_2021.html
„Die maßgebliche Beteiligung des Bürgers am demokratischen Geschehen besteht in zwei Kreuzchen in einem Kreis, angebracht auf einem Wahlzettel, der verdeckt in einer Kabine abgegeben wird, so dass die Entscheidung ganz unbeeinflusst und damit „frei“ erfolgen kann.
Es ist kein Akt, bei dem sich jemand mit Gründen zu Wort meldet, um Rückmeldung bittet oder sich mit anderen abspricht. Wer seine Stimme demokratisch abgibt, ist frei, er kann ganz seiner Willkür folgen, denn der Vorgang ist, so die letzte Bestimmung in Artikel 38 Grundgesetz, „geheim“.“
Ich wollte auf diesen Punkt in Cechuras Artikel näher eingehen. Die zitierte Tatsache ist doch ausgesprochen merkwürdig, widersprüchlich, gerade auch aus der Sicht eines aufgeklärten Bürgers: Die Wahl als das wichtigste (und einzige) Verfahren, bei dem er meint, er träfe hier eine Entscheidung, die das ganze gesellschaftliche Leben bestimmen würde. Gleichzeitig soll genau dies geheim stattfinden, diese große Entscheidung fällt jeder letztlich ganz privat, unabhängig von allen anderen Gesellschaftsmitgliedern. Es wird genau da, wo es eigentlich darauf ankäme, gerade nicht miteinander über die gesellschaftlichen Angelegenheiten beratschlagt, gute Gründe für praktische Vorschläge miteinander abgewogen usw.
Es ist deshalb so, weil es in dieser Konkurrenzgesellschaft auch nie funktionieren könnte, es bedarf einer übergeordneten, unabhängigen Gewalt, die nach ihren Interessen die Gegensätze der Sonderinteressen in eine geordnete Bahn bringt. Ohne staatliche Herrschaft würden sich die freien Privateigentümer aufgrund ihrer antagonistischen Interessen gegenseitig vernichten und damit zugleich das kapitalistische Verhältnis, seine Grundlage von Freiheit und Gleichheit unterminieren. Deshalb kann die große Entscheidung des Bürgers über seine politischen Verhältnisse eben nur darin bestehen, politische Charaktermasken dazu zu ermächtigen, im Staatsinteresse die Macht über das Gemeinwesen unabhängig vom konkreten, partikularen Bürgerinteresse auszuüben.
Als Nächstes will ich noch fragen, warum die Wahl erst dann frei und unbeeinflusst, wenn sie geheim stattfindet? Es weist darauf hin, dass in dieser Gesellschaft Mächte existieren, die das Wissen um die Wahlentscheidung von anderen, recht abhängigen Individuen gegen diese ausspielen können. Man denke sich etwa einen Arbeitsplatzbewerber, der während eines Bewerbungsgesprächs in einem bayrischen Unternehmen kundtut, dass er von der CSU nichts halten würde. Ob solche Informationen an Mächtige gelangen, von denen man abhängig ist, kann über die eigene Existenzgrundlage entscheiden.
Dass die Wahl nun wirklich frei ist, dient dem staatlichen Zweck vom Bürger die wirkliche, überzeugte Zustimmung zur Herrschaft erhalten und abfragen zu können. Der ganze Witz am demokratischen Theater wäre verfehlt, wenn die Wähler zu einer bestimmten Wahlentscheidung erpresst und korrumpiert wären.
Auf der Website von Freerk Huisken ein neuer (oder neu hochgeladener?) Text zum Thema Wahlen:
„Was man Heranwachsenden zum Thema ‚Wahlen‘ sagen müsste,
was ihnen aber viel zu selten gesagt wird.“
http://www.fhuisken.de/loseTexte.html