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Update zum GSP-Artikel Pandemie IX: Von der Pandemie zum Pandämonium des Bösen

Von • Juni 8th, 2020 • Kategorie: Allgemein

Die Bürger und ihre ultimative Wahrheitsfrage – wer ist schuld an der ganzen Misere?!

[…]

PS:

In der Zwischenzeit erreichen uns Zuschriften, die sich daran stören, dass wir ein Moment von Vernunft in der Pandemie-Politik entdecken, weil diese sich ausnahmsweise nach wissenschaftlichen Erkenntnissen richtet, statt sie nur zur Rechtfertigung ihrer Maßnahmen zu zitieren. Unsere Kritik daran, welchen Zwecken dieses Kümmern um die Volksgesundheit dient, interessiert die Schreiber nicht; ebenso wenig unser Nachweis, dass und wie der schöne Schein wissenschaftlicher Vernunft in der demokratischen Konkurrenz Verwendung findet. Wir werden vielmehr aufgefordert, die Wissenschaft zu kritisieren, auf die so gut wie alle Staaten sich bei ihren wirtschaftsschädigenden Eingriffen ins Gesellschaftsleben beziehen.

Das ist deswegen etwas viel verlangt, weil ein sachlicher Einwand gegen die Epidemiologie oder die Virologie, auf den man sich beziehen könnte, in den Zuschriften nirgends vorgebracht wird. Alles, was zur Sache erforscht und berechnet wird, ist außerdem in einschlägigen Publikationen nachzulesen. Die Auseinandersetzung, die uns da angetragen wird, hat eben gar nicht die medizinische Wissenschaft zum Gegenstand, sondern die Bedeutung, die die im Ausnahmefall der Corona-Epidemie für die staatliche Gesundheitspolitik bekommt – zumindest vorübergehend und in zunehmend heftigem Widerstreit mit den Anforderungen der allemal darüber stehenden Räson des staatlich zu hütenden Kapitalismus.

Es ist eine fatale Thema-Verfehlung, die nicht bloß in den Zuschriften an unsere Adresse stattfindet: Sobald die Standortpolitik einer bürgerlichen Staatsgewalt zu Maßnahmen greift – zu greifen sich genötigt sieht –, die wie ein Abstandnehmen von den Imperativen systemgemäßer Standortverwaltung wirken oder auch nur so aussehen, dann wird ein Volksgemurmel laut – ermuntert durch einschlägig engagierte Wirtschaftslobbys und politische Parteien –, das nicht den Zwecken der Politik, sondern der Wissenschaft eine Absage erteilt. Und das durch Argumente auch nicht zur Vernunft zu bringen ist, weil es die Wissenschaft, die da für die Politik haftbar gemacht und verworfen wird, gar nicht als die Erarbeitung von Wissen versteht, sondern als eine Sache, die man glauben soll – ‚Wissenschaftsgläubigkeit‘ ist der Titel dafür. Verteidigt wird die Wissenschaft genauso schlecht, nämlich auf derselben Ebene – und das nicht nur durch Politiker, die sich ihrer bedienen, sondern durch Macher und Anwälte einer seriösen Öffentlichkeit und oft genug durch die Wissenschaftler selbst: Sie alle verteidigen die Wissenschaft als Sache, an die zu glauben in unserer aufgeklärten Gesellschaft doch gute Sitte ist und sich im Großen und Ganzen auch praktisch bewährt habe, daher auch weiter praktiziert werden sollte. Diese Verteidigung der Wissenschaft hat nicht die banale Tatsache zur Grundlage, dass kein Mensch im gesamten Kosmos wissenschaftlicher Erkenntnisse firm sein kann; vielmehr den eher betrüblichen Umstand, dass den Insassen der modernen Wissensgesellschaft praktisch durchweg die Erfahrung abgeht, ein relevantes Stück der wissenschaftlich erklärten Natur einmal wirklich begriffen zu haben. Was sie stattdessen für Wissen halten, sind alternative Antworten auf die Schuldfrage, die der bürgerliche Verstand an alles richtet, was ihn irgendwie stört – ein Quidproquo, das den Leuten von Kindesbeinen an nahegebracht wird.

 

https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/wer-ist-schuld-an-corona

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