contradictio.de

Kritik an Ideologien, Aufklärung über populäre Irrtümer, Kommentare zum Zeitgeschehen

IVA: Zur Kritik der Psychologie

Von • Apr. 11th, 2016 • Kategorie: Allgemein

IVA: Zur Kritik der Psychologie

 

update zu:

http://www.contradictio.de/blog/archives/7153

 

 

Creydt kritisiert Krölls?

 

Zur dritten Auflage von Krölls‘ „Kritik der Psychologie“ veröffentlichte IVA eine Buchinformation. Aus diesem Anlass hat bei contradictio.de ein Kommentator vermerkt, dass eine grundlegende Kritik an „Krölls, Held & Co.“ von Meinhard Creydt vorliegt. Dazu eine Replik von Johannes Schillo.

Ende März 2016 ist die dritte, aktualisierte und erweiterte Auflage von Albert Krölls‘ „Kritik der Psychologie – Das moderne Opium des Volkes“ erschienen (siehe Krölls 2016). Dazu hatte die IVA-Redaktion am 2. April eine Information auf dem IVA-Blog veröffentlicht. Aus diesem Anlass merkte am 6. April ein Internet-Kommentator (Wolfgang auf contradictio.de) an, dass sich „eine grundlegende Kritik am Verständnis psychischer Prozesse bei Krölls, Held & Co. im 26 Seiten umfassenden Kapitel 7 (Überschrift: Warum psychische Prozesse für einen Verstand unverständlich bleiben, der sich im Horizont des bürgerlichen Materialismus und rationalistischer Konzepte bewegt)“ des Bandes „Der bürgerliche Materialismus und seine Gegenspieler“ von Meinhard Creydt findet (siehe Creydt 2015).

Das genannte Kapitel befasst sich mit den Defiziten psychologischer Theoriebildung, wie sie der Autor bei Albert Krölls, Karl Held oder Freerk Huisken ausgemacht hat. Es geht ihm um grundlegende Mängel, an denen er – dies das Hauptanliegen seines Buchs – eine falsche Gegenposition zum „bürgerlichen Materialismus“ kenntlich machen will. Die mangelhafte Theorie soll seit den Zeiten der Marxistischen Gruppe (MG) bestehen, heute die Position der Zeitschrift Gegenstandpunkt bestimmen und auch sonst in der marxistischen Diskussion Kreise ziehen. In dem Kapitel findet allerdings, anders als von dem Kommentator behauptet, keine Auseinandersetzung mit Krölls statt. Es wird – bis auf einen Satz zur Psychologie der Kriminalität, der in einer Fußnote zitiert und pauschal zurückgewiesen wird (siehe Creydt 2015, 115) – keine einzige These aus dessen Buch wiedergegeben oder überprüft. Einmal wird die „Kritik der Psychologie“ im Text erwähnt (ebd., 112), woran sich folgende Fußnote anschließt: „So der Titel von Krölls Buch (2006). Es demonstriert die Oberflächlichkeit, mit der MG/GSP-Anhänger über Psychoanalyse, Holzkamp u.a. psychologische Theorien urteilen.“ Ein erstaunlich apodiktisches Urteil!

Mit „Oberflächlichkeit“ ist jedoch ein Stichwort gefallen, das Creydts Kritik an marxistischen Positionen in Sachen Psychologie auf den Punkt bringt. Was der Autor damit meint, welche Tiefe er vermisst und weshalb auf Grund dieser Fehlanzeige die Überlegungen von Krölls u.a. zu revidieren oder zu verwerfen seien, soll im Folgenden erörtert werden. (…)

 

http://www.i-v-a.net/index.php/blog/Creydt-kritisiert-Kr%C3%B6lls

3 Responses »

  1. ZUR REDUKTION PSYCHISCHER PROZESSE AUF IDEOLOGIE UND MORAL

    Redcat (http://www.contradictio.de/blog/archives/7160) nimmt Stellung zur Kritik am Psychologieverständnis von MG, Gegenstandpunkt (Gsp), Krölls, Huisken u. a., die Creydt im 7. Kapitel seines Bandes „Der bürgerliche Materialismus und seine Gegenspieler“ (S. 105-131) vorlegt (Hamburg 2015, VSA).

    Creydt stellt Antworten aus psychologischen Theorien auf die Frage vor, was der eigene „Gegenstand“ der Psychologie ist und was das Spezifikum psychischer Prozesse ausmacht. Er arbeitet einen integrativen Kern belastbarer Auskünfte heraus. Wer wissen will, was der Inhalt von Creydts Argumentation ist, muss sie in seinem Band nachlesen. Redcat stellt sie dem Leser nicht vor.

    In Creydts Überlegungen, worum es sich bei psychischen Verarbeitungen von Erfahrungen handelt, spielen Interesse und Bewusstsein nicht die erste oder alleinige Geige. Psychische Prozesse sind nicht auf sie zu reduzieren. R. macht daraus, Creydt bestimme psychische Prozesse u n a b h ä n g i g von Interesse und Bewusstsein. Diese von R. k o n s t r u i e r t e Absurdität soll Creydts Position desavouieren.

    Creydt spricht von unbewussten Prozessen (a). R macht daraus Prozesse, die sich „der Macht des Unbewussten“ (S. 5) verdanken oder die „tiefenpsychologische Unterkellerung des Bewusstseins durch eine steuernde Lebenskraft“ (S. 6) (b). Creydt unterscheidet zwischen a und b. Er kritisiert die Verdoppelung und Substantivierung unbewusster Prozesse in einer vermeintlichen Ursache („das Unbewusste“). Er spricht von psychischen Prozessen, ohne ein sie verursachendes Unbewusstes oder „eine steuernde Lebenskraft“ anzunehmen. Rs Thema sind s e i n e Vorstellungen zum Wort „unbewusst“, nicht Creydts Argumentation. Während R faktisch über seine Vorstellungen spricht, tut er so, als spreche er über Creydts Text.

    Bei e i n e r Bestimmung von psychischer Erfahrungsverarbeitung handelt es sich darum, dass für sie relevant ist, wie sich die psychische Existenz des jeweiligen Individuums in den verschiedenen Lebensphasen (mit ihren jeweils spezifischen Problemen, Aufgaben und Konflikten) entwickelt (hat). Die gesellschaftsformationsspezifische Konstitution bestimmter Konflikte und Aufgaben in den Lebensweisen zu begreifen ist das eine. Etwas anderes ist es, alle für die jeweilige Lebensphase (z. B. Säuglingsalter, Pubertät, hohes Alter) spezifischen Konflikte und jeweils anstehenden Aufgaben aus dem Kapitalismus bzw. der bürgerlichen Gesellschaft abzuleiten. Bspw. bildet der Tod für Menschen im höheren Lebensalter auf andere Weise als in anderen Lebensaltern ein Thema. (Wir können mit literarischen Zeugnissen der entsprechenden Auseinandersetzung aus anderen Gesellschaftsformen etwas anfangen – bei allen massiven Unterschieden zwischen ihnen. Das wäre unmöglich, gäbe es n u r gesellschaftsformationsspezifische Probleme.)

    R. e r s e t z t Creydts Argumentation durch Konzepte der „Prägung“ und „Determinismus“ oder der „Einwirkung von Faktoren(bündeln) auf den psychischen Apparat“ (S. 4). In Creydts Text finden sich all diese Konzepte nicht. Er kritisiert sie (vgl. z. B. S. 108f.). R. m a c h t sich mit Verdrehungen Creydts Text zurecht, damit er passt: als Anlass und Gelegenheit dafür, dass sich die Kommentarfiguren (z. B. Kritik an „Prägung“ und „Determinismus“) aufsagen lassen, die zum Standardrepertoire von MG/GSP gehören. Der Rest der langatmigen Ausführungen von R ist Sperrfeuer.

    R meint, sein Hinweis, bei Huisken werde das Jugendalter sowie pädagogische und Entwicklungspsychologie thematisiert, sei ein Einwand gegen Creydt. Dessen Argumentation aber lautet an dieser Stelle: Im Reden über Jugendalter und Psychologie sind bei Huisken allein ideologische Fehler der Psychologien Thema, nicht die psychische Dimension individueller Existenz.

    Der prinzipielle Unwillen, sich auf psychische Prozesse als Thema einzulassen, zeigt sich auch, wenn R zur Frage, was zum Thema „Sinn im endlichen Leben und das Verhältnis zur eigenen Sterblichkeit“ zu sagen ist, allein die wegwerfende Vokabel „pfäffisch“ einfällt (S. 7).

    DER GRUNDLEGENDE FEHLER: Die „Kritik“ von MG, Gsp, Huisken und Krölls an Psychologie insgesamt und überhaupt hält nicht nur die bestehende Psychologie für keine Wissenschaft, sondern erachtet auch keinerlei andere Psychologie für notwendig. MG, Gsp, Huisken und Krölls zufolge braucht es keinerlei psychologisches Wissen. Auf ihre „Kritik“ an „der“ Psychologie folgt bei ihnen keine eigene Erkenntnisarbeit zum Psychischen. Psychische Prozesse kommen einzig und allein als Tummelplatz von Moral und Ideologie vor und gelten als in ihnen aufgehend. Ideologiekritik reicht dann völlig. (Um dem erwartbaren Umkehrschluss vorzubeugen: Ideologiekritik ist wichtig – auch für die Analyse psychischer Prozesse. Sie kann nicht unabhängig von Ideologiekritik argumentieren, ist aber nicht auf sie zu reduzieren.).

    Gegenstandpunkt-Anhänger können die Frage nicht beantworten, warum es keinerlei Psychotherapie gibt, die sich auf die „Korrektur falscher Urteile“ beschränkt. (Auch die kognitiven Verhaltenstherapien umfassen mehr und anderes.) Die „Korrektur falscher Urteile“ erweist sich als nicht ausreichend bei der Arbeit an der Veränderung psychischer Prozesse, insofern sie genuin Psychisches nicht erreicht. „Kritik der Psychologie“ heißt bei Gegenstandpunkt-Anhängern, s i c h von der Psychologie zu unterscheiden, ohne a n ihr etwas zu unterscheiden. Die pauschale Distanz zur Psychologie gelingt nur um den Preis der Ausblendung ihres Gegenstandes. Wir haben es also bei den Gegenstandpunkt-Ideologen mit einer sog. Kritik zu tun, welche ihren Gegenstand „zu be- und verurteilen, aber nicht zu begreifen weiß“ (MEW 23, 528).

  2. „…Gegenstandpunkt-Anhänger können die Frage nicht beantworten, warum es keinerlei Psychotherapie gibt, die sich auf die „Korrektur falscher Urteile“ beschränkt. (Auch die kognitiven Verhaltenstherapien umfassen mehr und anderes.) Die „Korrektur falscher Urteile“ erweist sich als nicht ausreichend bei der Arbeit an der Veränderung psychischer Prozesse, insofern sie genuin Psychisches nicht erreicht. …“

    der unterschied liegt doch va darin, daß die einen vom „kind im brunnen“ ausgehen und die andren halt den „brunnenwurf“ beschreiben („der“ wurf fängt ja tat-sächlich bei den kiddies an).
    die therapie fängt im brunnen an und versucht nach erfassen der akuten probleme des brunnenkindes das dorthingelangen ebenfalls zu beschreiben, allerdings eben als angebot zum einen dem brunnen zu entkommen und fortgesetzt dann in der „kinder in brunnen werfenden gesellschaft“ erstmals oder neuerlich wieder zurechtzukommen, heißt, nicht mehr in brunnen zu landen bzw wenn, so derart „bewußt“, daß in selbsthilfe (im idealfall) das rauskrabbeln gelingt, weils kind im brunnen (egal welchen alters) ja weiß, wie`s hinkam und nur erlernte techniken anwenden muß fürs heraus.

    die „psychische Dimension individueller Existenz“ … wozu braucht „man“ die? wozu taugts, sowas zu erfassen? was macht solches erfassenmüssen/wollen notwendig?

    wenn die „individuelle existenz“ die einer jungen besitzerin maroder mietshäuser mit zahlungsunfähigen mietern ist, die in solchem brunnen landete, weil der vater sie als kind schon in einen brunnen warf und daher ihr die übernahme/-schreibung seines problems (diese mietshäuser) überhelfen konnte, so HILFT`s dieser „individuellen existenz“ eben nicht, sich den brunnenwurf durch den vater anzuschaun, in dessen folge der brunnenwurf in die aktuelle lebenslage steht.
    die junge frau hat sich den dante geschnappt und vorn ice geworfen und zwar nicht, weilse ne scheiß familie hatte, sondern weil sie ein jahr lang versucht hatte, kohle zur behebung ihres individuellen problems aufzutreiben und daran scheiterte.

    therapeuten/innen wollen/sollen „energieumwandler“ sein in ihrer „individuellen existenz“ (so sie nicht sadistisch „draufsind“ 😉 ) …destruktive energie in konstruktive wandeln. aus selbst-zerstörung selbst-aufbau , dazu ist das „selbst“ zu erfassen (auch bei „fremdgefährdung“ wird am „selbst“ rumgebaut, es ist ja psychotechnisch egal, ob das „destruktive“ gen „eigen“ oder „fremd“ getobert wird).
    dies erfassen und das umwandeln (-leiten) der „energie“ erfolgt über jahre- auchmal jahrzehntelange gemeinsame suche nach „potenzialen“, oft in form einer „nachsozialisation“, also „selbst-aufbau“ übers aufspüren der fehlurteile des kindes in der kindheit richtung seiner -damaligen- individuellen existenz. kiddies können noch nich so gut „beurteilen“/“erfassen“…usw, aber der/die erwachsene kanns, so wird die kindheit „neu“ beurteilt, das „opferkind“ als solches „opfer“ (statt „täter“, „selbst schuld“, …usw der kindlichen beurteilung ) herausgearbeitet wie auch die ja vollkommen andre situation (individuelle existenz-bedingung) des erwachsenen bzw schon eines/r jugendlichen (auch jüngerer kiddies neuerdings)entlang der rechtlichen existenz (aufklärung über rechte).
    der seiner kindheit und deren abhängigkeiten entwachsene wie rechtlich unabhängig erklärte mensch kann therapeutisch begleitet eine „mündigkeit“ an sich erarbeiten, durchsetzen, die seine (gesunden) mitmenschen schon „besitzen“. er braucht halt lauter „selbst“, va eben „psychisches“, also „psychisch stabiles“ „selbstvertrauen“, „selbsterkenntnis“, „selbstbewußtsein“, „selbst…“ und so kommt mit dem ausprobieren und erproben der erarbeiteten und somit erkannten potenziale die wichtigste phase von therapie, die „selbst-erfahrung“ . aus „destruktiver“ energie wird dann „konstruktive (=dem „kranken“ nützliche), wenn die potenziale genutzt werden können. dabei reicht dann der therapeut/die therapeutin allein nicht hin, da hilft dann „die gesellschaft“ (auch: der staat) mit „schutz“, „ausbildung im geschützten rahmen“, „(lohn)arbeit in geschütztem rahmen“ usw usf. solange diagnostisch begleitet und beurteilt solcher „schutz“ notwendig bis zur gelungenen landung in „unauffällig“ und somit „integriert“.
    viele „brunnenkinder“ sterben (befördern sich aus ihrer psyche und deren individueller existenz) , sobald der „schutz“ wegfällt im wissen und erprobthaben und vertrauen und bewußtsein und erkennen ihrer potenziale, weil jede therapie mit „chancen und gelegenheiten“ im kapitalismus, in der „freiheit des privateigentums“ arbeitet (egal, wie oft und weitgehend „die gesellschaft“ als die „kranke gesellschaft“ ebenfalls zusammen erarbeitet wird mit „kritischen“ theras)
    das „wer“ im „du bist wer“ ist der privateigentümer bzw die privateigentümerin…was hab ich an mir? was besitz ich mit mir? was gehört (zu) mir?

    „Der prinzipielle Unwillen, sich auf psychische Prozesse als Thema einzulassen, zeigt sich auch, wenn R zur Frage, was zum Thema „Sinn im endlichen Leben und das Verhältnis zur eigenen Sterblichkeit“ zu sagen ist, allein die wegwerfende Vokabel „pfäffisch“ einfällt (S. 7). “
    nunja, das ists aber auch hmm 😉

    was mich tatsächlich in krölls buch und bei redcat nun etwas irritiert ist das wohl heutzutage breite verwerfen von psychoanalyse. ich kenne das noch nicht als kategorisches „verwerfen“ sondern als (nicht unbedingt notwendige) „krönung“ eines „psychotherapiegestützten lebenslaufs“, am ende dann eben, wenn zb eines „geschützten rahmens“ nicht mehr bedürftig, kann der gesundete kranke sich noch dies sahnehäubchen seiner „nachreifung“ gönnen, die vollendung seines selbst-bewußtseins mit dem durchlaufen einer „analyse“.
    (ist denn die „lehranalyse“ für angehende praktizieren dürfende therapeuten gestrichen?)
    kritik an „analyse“ bzw dies „ungeeignet“ kommt im erfassen von „psychische Dimension individueller Existenz“, zumeist seien die leuts eben „noch nicht soweit“ und würden/werden eben eher „destruktiv“ behandelt, also in den auswirkungen „destruktiv“. fürs sahnehäubchen hat der/die genesende eben eine lange „stabilitätsphase“ vorzuweisen per neuerem ethos, der halt noch nicht vollständig solches in der therapeutengemeinde…

    lg

  3. […] http://www.contradictio.de/blog/archives/7160 […]