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Die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften

Von • Okt. 9th, 2014 • Kategorie: Allgemein

Die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften

 

Vorwort

 

Das Studium – Wie Leute mit der Wissenschaft umgehen, für die sie ohne Zweifel von Nutzen ist

Die kritische Frage, ob die Elaborate der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften nützliches, und ob sie überhaupt Wissen sind, findet kein Gehör bei der Zielgruppe, an die sie sich zu aller erst richtet: bei den bestallten und den werdenden Wissenschaftlern dieser Fächer. Die Studenten geben ihrem Fach einen riesigen Bonus, der durch nichts als die gesellschaftliche Anerkennung begründet ist, die es genießt: Das ist die hohe Wissenschaft! Man selbst hat genug Schwierigkeiten, mitzukommen und sieht sich zu einer beurteilenden Meinungsbildung weder im Stande noch befugt. Die Dozenten setzen auf das Prestige ihrer Branche, pochen auf Respekt und fordern Nachvollzug. Die hohe Meinung von der Wissenschaft, die kritische Prüfung überflüssig macht, ruht auf seinem sicheren Fundament: Was immer es mit den Sozialwissenschaften im Einzelnen auf sich haben mag, wozu immer sie gut sein mögen, oder nicht; eines steht fest:

Nützlich ist diese Wissenschaft für die Stellung in der Erwerbsgesellschaft, für Einkommen und Sozialprestige dessen, der sie sich aneignet. ‚Nicht fürs Leben, fürs Examen lernen wir!‘, denn ein Examen eröffnet den Zugang zu den höheren Rängen unserer ziemlich ungleichen Gesellschaft. In der Prüfung wird vom Studenten eine gewisse Bekanntschaft mit den Theorien seines Fachs erwartet, die Fähigkeit, sie auf Abruf zu reproduzieren und irgendwie auf die Wirklichkeit anzuwenden. Also besteht „studieren“ für ihn darin, genau diese Leistung zu bringen. Lehrende und Lernende entsprechen ihrem gesellschaftlichen Auftrag und tun, was die Karriere verlangt, wenn sie sich höchst affirmativ und unwissenschaftlich auf Wissenschaft beziehen. (…)

Es ist schon eigenartig. Keine vorkapitalistische Gesellschaft hat umfassend Wissenschaft betrieben und einen größeren Teil der Jugend mit Wissen bekannt gemacht. Die unsere tut es – aber auf eine Weise, dass einer schon seine studentischen Berufspflichten hintansetzen muss, wenn er sich mit der Wissenschaft wissenschaftlich befassen will. Er muss sein demokratisches Recht auf eine freie Meinung ausschlagen, die selbstgefällige und selbstgenügsame Geistesfreiheit fade finden und sich dafür die wirkliche Freiheit nehmen, nur das als einen gültigen Gedanken zu akzeptieren, was Argument und Notwendigkeit für sich hat.

 

Die folgenden Abhandlungen sind ein Hilfsmittel für diese Prüfung.

Sie stellen die Grundgedanken, Argumente und Strickmuster einiger wichtiger Fachwissenschaften vor, – Prinzipien, über die sich die pluralistischen und konkurrierenden Vertreter dieser Fächer unbeschadet ihrer Unterschiede einig sind. So uferlos wie die Regale mit ihren Schriften sind die Gedanken der Universitätswissenschaftler nämlich nicht. Wenn erst klar ist, wie es um die Argumente dieser Fächer und ihre Rationalität bestellt ist, erschließt sich die Art des Nutzens, den sie der Gesellschaft stiften, wie von selbst.

 

 

http://www.wissenschaftskritik.de/vorwort/

 

 

 

Peter Decker

 

Die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften

 

Konstruierte Menschenbilder statt wirklichen Wissens – aber nützlich für Staat und Gesellschaft

 

 

I. Die Wirtschaftswissenschaft – Sachzwänge des Nutzens

 

Das Fach verspricht „die Erforschung der Wirtschaft“ und will „fundamentale Einsichten in wirtschaftliche Abläufe und Zusammenhänge“ bieten. Wenn es sich selbst vorstellt und seinen Gegenstand benennt, dann ist die Rede aber nicht von Ware und Geld, Kapital, Zins, Arbeitslohn und Grundrente, sondern vom lieben Menschen, näher von einem besonderen Teil seines Verhaltens, dem sogenannten „rationalen“.

 

1. Nutzenmaximierung – ein Erfordernis der Menschennatur

 

2. Die wirkliche Marktwirtschaft – eine mögliche Lösung der Probleme allen Wirtschaftens

 

3. Gleichgewicht – eine Koordinationsleistung des Marktes

 

4. Modell und Mathematik

 

5. Die Leistung:

 

– Für Oben: Der Schein einer Technologie der Wirtschaftssteuerung

 

– Für Unten: Die Zurückweisung von Ansprüchen

 

 

http://www.wissenschaftskritik.de/die-wirtschaftswissenschaft/

 

 

 

II. Die Politikwissenschaft – Sachzwänge der Herrschaft

 

Das Fach handelt vom Staat und seinen Einrichtungen, also von Macht und Herrschaft in der modernen Gesellschaft. Alle Definitionen des „Politischen“, mit denen diese Wissenschaft anhebt, handeln davon, dass sich dieses Feld durch Zwang charakterisiert, durch die Verbindlichkeit der Beschlüsse der Obrigkeit für die Regierten und durch die Unverbindlichkeit abweichender Wünsche von deren Seite.

Aber auch die offenkundige Tatsache, dass da ein politischer Souverän die ihm Unterstehenden zu Diensten zwingt oder Beschränkungen unterwirft, zu denen diese von sich aus nicht aufgelegt sind, kann die Wissenschaftler nicht dazu verführen, nach dem Was und Warum der Ge- und Verbote zu fragen, die er der Gesellschaft auferlegt – aus ihnen müsste sich ja wohl der bestimmende Zweck dieses Staates und seines Gewaltmonopols ergeben. Politologen interessieren sich stattdessen ganz und gar für höhere Notwendigkeiten, die sich zugunsten des modernen Herrschaftsverhältnisses anführen lassen.

 

1. Die Ableitung des Staates aus der Menschennatur: Der Mensch braucht Zwang

 

2. Funktionale Herrschaft – ein Segen für den Untertan

 

3. Im „politischen Prozess“ wird der Gegensatz von Staat und Gesellschaft ersäuft

 

4. Demokratische Institutionenlehre – alles ist Vermittlung

 

5. Legitimität – das höhere Gesetz demokratischer Herrschaft

 

6. Politikberatung und Loyalitätskontrolle

 

 

http://www.wissenschaftskritik.de/die-politikwissenschaft/

 

 

 

III. Die Soziologie – der Sachzwang des Zusammenlebens überhaupt und unser Bedürfnis danach

 

Die Wissenschaft von der Gesellschaft übertrumpft und radikalisiert die vorgenannten Wissenschaften in dem Sinn, dass sie die Botschaft von der Harmonie der menschlichen Bedürfnisse mit den sachlichen und politischen Zwängen der kapitalistischen Gesellschaft, auf die die anderen hinauswollen, gleich zum ersten und einzigen Gedanken erhebt, mit dem sie sich die soziale Welt verständlich macht. Ökonomie und Politologie lassen noch einen Widerspruch zwischen Bedürfnis und Preis, Freiheit und Herrschaft gelten, um ihre Abhandlungen der Darstellung einer letztendlichen Versöhnung beider Seiten zu widmen.

So wissen Politologen etwa, dass staatlicher Zwang etwas anderes ist als eine freie Betätigung des Individuums; deshalb bemühen sie sich, die gewaltsam durchgesetzte Rechtsordnung als notwendige Bedingung für die Freiheit der Bürger und den Frieden zwischen ihnen zu rechtfertigen. Soziologen aber setzen einfach ein dickes Gleichheitszeichen zwischen Zwang und Bedürfnis, zwischen die politisch oder sachzwanghaft genötigten Individuen und die Gesellschaft, in der sie zurecht kommen müssen. Das „animal soziale“ hat eben ein Bedürfnis nach Ordnung, und wenn es sich der unterordnet, dann folgt es nur seinem eigensten Bedürfnis.

 

1. Dahinter blicken! Wie die soziologische Abstraktion eingeführt wird

 

2. Die Sittlichkeit des modernen Staatsbürgers als Leitidee einer Wissenschaft

 

3. Der soziale Mensch – „gesellschaftlich vermittelt“!

 

4. Gesellschaft ist System

 

5. Ein Korsett für den ordnungsbedürftigen Menschen

 

6. Empirische Sozialforschung und die Prätention ihrer Nützlichkeit

 

 

http://www.wissenschaftskritik.de/die-soziologie/

 

 

 

IV. Die Psychologie – Sachzwänge des Subjektseins

 

Die hier vorgestellten Wissenschaften – andere Disziplinen halten es ebenso – „versubjektivieren“ ihren Gegenstand: Der Tausch und das Geld, die Staatsgewalt und ihr demokratisches Procedere, die Gesellschaft mit ihren Normen und Zwängen – alles hat seinen Grund und seine Herkunft im Inneren des Menschen, d.h. es wird tautologisch auf lauter ursprüngliche menschliche Bedürfnisse und Triebe zurückgeführt, die genau danach rufen. Als Beweis für das Vorhandensein solcher Bedürfnisse im Inneren des Menschen fungiert dann wieder die Realität der bürgerlichen Gesellschaft, die man mit diesem schönen Zirkel zur äußeren Natur und wahren Heimat des Menschen verklärt. In diesem Sinn ist alle bürgerliche Gesellschaftswissenschaft Psychologie. Die eigentliche Psychologie aber gibt Antwort auf die verkehrte Frage, warum der Mensch, der doch ganz und gar zu seiner kapitalistischen Heimat passt – und diese zu ihm –, dennoch nicht klarkommt, scheitert, erfolglos und unglücklich ist und immer wieder nicht funktioniert, wie er soll. Sie nimmt ihn als ein Mängelwesen in den Blick, das die Harmonie immerzu für sich nicht verwirklicht, die an und für sich schon existiert:

Der Mensch ist das einzige verbliebene Problem in dieser perfekten Welt. Er kann mit sich nicht umgehen, hat ein problematisches Verhältnis zu sich – und deshalb kein geglücktes zur Welt.

 

Aber fangen wir von vorne an und nehmen die Psychologie so, wie sie sich selbst vorstellt: als eine Wissenschaft von einem Gegenstand, dessen Eigenart sie zu erläutern verspricht. Ihrem griechischen Namen zufolge befasst sie sich mit dem, was früher Geist oder Seele hieß, der „Subjektivität“ des Menschen und den Formen ihrer Betätigung – Fühlen, Wahrnehmen, Vorstellen, Erinnern, Sprechen, Denken und Handeln. Wenn Psychologen sich aber über ihren Gegenstand hermachen, dann bestimmen sie nicht, was einer macht, der einen Baum wahrnimmt, sich an ein Wort erinnert, sich ein Auto vorstellt etc.; kurz, was Wahrnehmen, Erinnern, Denken, Handeln ist, sondern fragen nach einer Kausalität dieser Betätigungen, d.h., danach woher die intelligenten Leistungen kommen, was sie ermöglicht, auslöst, bedingt. Sie suchen „Gesetzmäßigkeiten des Erlebens und Verhaltens“1 und stellen allein schon dadurch das, was Menschen tun, als von der Außenwelt, wie von inneren Mechanismen und Kräften verursachtes Treiben dar, dessen determinierende Ursachen sie herausfinden wollen. Indem das Fach Ursachen, Bedingungen, Voraussetzungen, Dispositionen und Auslöser der diversen Betätigungen postuliert und ihnen das Interesse zuwendet, lässt es die eigentlichen Gegenstände, über die es Aufklärung verspricht, als Leerstelle der Theorie zurück.

 

1. „Psychophysik“ – Weder Physik noch eine Wissenschaft von der Seele

 

2. Das bewusste Handeln: Durch äußere und innere Determination bedingtes Verhalten

 

– Der Streit der Schulen: Behavioristen und ihre humanistischen Gegner

 

– Differentielle Psychologie, Persönlichkeitsforschung, Entwicklungspsychologie – Der Standpunkt kreiert immer neue Forschungsobjekte

 

3. Funktion und Problem des Seelenapparats: Befriedigung durch Anpassung

 

4. Die ideologische Leistung …

 

5. … und der Schein der praktischen Nützlichkeit der Psychologie

 

– Die Prognose von Verhalten und die Messung der Intelligenz

 

– Menschenführung – das Ideal der Manipulation

 

– Lebenshilfe und Betreuung des kaputten Willens

 

 

http://www.wissenschaftskritik.de/die-psychologie/

 

 

 

V. Die Pädagogik – Sachzwänge der Menschwerdung

 

Die Erziehungswissenschaft befasst sich angesichts der Schwierigkeiten der Menschen, in ihrer ‚natürlichen Heimat‘, der kapitalistischen Gesellschaft, zurechtzukommen und Zufriedenheit zu finden, mit dem Mängelwesen Mensch. Alles Scheitern verdankt sich der pädagogischen Logik zufolge einem Noch-nicht, Erziehung löst das Problem dieser Diskrepanz. Sie ist nötig, damit der Mensch sich in dieser Gesellschaft erfolgreich betätigen und verwirklichen kann. Und sie ist möglich, da der Mensch qua Natur formbar ist. Die Pädagogik steht dafür, dass die Harmonie von Welt und Subjekt an der nachwachsenden Generation hergestellt werden muss und kann. Eine unvoreingenommene theoretische Bestimmung von Erziehung ist das nicht, weder im Allgemeinen, noch was die besondere Erziehung in dieser Gesellschaft betrifft.

 

1. Der Mensch, oder „warum wir erziehen dürfen.“

 

2. Die Erziehungsziele, oder „wohin wir erziehen sollen“

 

3. Der Unterricht, oder „wie wir erziehen können“

 

4. Die Grenzen der Erziehung, oder „ohne Anlage keine Umwelt“

 

5. Der Nutzen, oder „warum wir ein gutes Gewissen haben können“

 

 

http://www.wissenschaftskritik.de/die-paedagogik/

 

2 Responses »

  1. Seh ich das richtig, und das Wissenschaftspapier wird endlich veröffentlicht, wenngleich derzeit nur online?!

  2. nein