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Fundsachen: Erste Bemerkung zu Rationalisierung

Von • Feb. 21st, 2014 • Kategorie: Allgemein

Fundsachen: Erste Bemerkung zu Rationalisierung

Arbeitslosigkeit statt Arbeitserleichterung

Was gibt es besseres als Arbeitsautomaten? Wenn Maschinen den Menschen die Arbeit abnehmen: Was wäre dagegen einzuwenden? Statt zu schuften, schaut man den Apparaten bei der Herstellung nützlicher Güter zu und macht im Übrigen mit den Produkten, was einem gefällt.

Jeder weiß, dass das in unserem besten aller möglichen Gesellschaftssysteme überhaupt nicht so ist. Durch Roboter mit Mikrochips im Leibe wird hier nicht den Leuten Arbeit abgenommen, sondern entlassenen Arbeitern ihr Lohn. Der maßgebliche Standpunkt ist der des Unternehmens, das Arbeitsautomaten und Beschäftigte nach ihren Kosten vergleicht: Anschaffungs- und Wartungskosten hier, Lohnkosten da. Ist die Maschinerie rentabler als die Lohnkosten, die sie erspart, dann wird sie angeschafft; und die überflüssigen Leute werden entlassen. Den Weiterbeschäftigten bleibt überhaupt nichts erspart – außer dem Anblick ihrer ehemaligen Kollegen; die Arbeit wird für sie allenfalls anders, nicht weniger. Denn wer noch Lohn bekommt, muss dafür nach wie vor so viel leisten, dass die Bezahlung seiner Arbeit sich für das Unternehmen lohnt. Umgekehrt bleibt den Entlassenen das Arbeiten gleich ganz erspart – um den Preis, dass ihr Einkommen entfällt: Darum war es ja gegangen, dass das Unternehmen die Kosten für ihre Entlohnung los wird. Ihr Lebensunterhalt ist wirtschaftlich überflüssig gemacht; sie sind Zuviel.

Einige Jahrzehnte lang hat in der Bundesrepublik die Ideologie gegolten, „Vollbeschäftigung“ sei ein erstrangiges wirtschaftliches und wirtschaftspolitisches Ziel, allgemein steigender Unternehmergewinn dafür das bestgeeignete Mittel. Diese Ideologie konnte sich darauf berufen, dass deutsche Unternehmer in ihren heimischen Fabriken und mit einheimischem, später sogar aus Europas Süden zugewandertem Menschenmaterial ihre Geschäfte gemacht und über den ganzen Globus ausgeweitet haben. Die BRD wurde Exportnation, und dafür „durften“ alle ran.

Inzwischen bestreiten bundesdeutsche Unternehmen längst ihr weltweites Geschäft nicht mehr bloß von bundesdeutschem Boden aus.

Ihre Exporttüchtigkeit hat sie zu „Multis“ gemacht – soweit sie das nicht von Anfang an waren -, die sämtliche Länder der Welt nach Standortvor- und -nachteilen durchgemustert haben und keine Chance auslassen, um ihren Konkurrenzkampf in jeder Hinsicht universal zu machen. Der historische Zufall, dass der Aufschwung des nationalen Kapitals der BRD mit der vollen Inanspruchnahme der nationalen Arbeitskraft – mit „Vollbeschäftigung“ – zusammenfiel, ist vom Normalfall einer führenden Weltwirtschaftsmacht abgelöst. Der unter Benutzung sämtlicher Völker und Nationen geführte Kampf gegen die Lohnkosten schließt das Brotlos-Machen ansehnlicher Teile der heimischen Arbeiterschaft als selbstverständliche Notwendigkeit mit ein. Die alte „Vollbeschäftigungs“-Ideologie überlebt nur noch in der lächerlichen Form eines haltlosen Vergleichs: ‚Was wäre erst, wenn…? Oder moralischen Rechtfertigungen a la: Die Einsparung von Arbeitsplätzen ist nötig, damit der Rest der Belegschaft auch sicher weiterbeschäftigt werden kann‘ – zumindest bis zur nächsten Entlassungsaktion… Der weltweite Konkurrenzkampf geht nämlich ohne Unterbrechung weiter, dafür ist die „Marktwirtschaft“ ja da; und in dem gehören Massen von Lohnarbeitern ohne Lohn und Arbeit unübersehbar zur Regel.

Vom Arbeiterstandpunkt aus gesehen eine reichlich verkehrte Welt, diese unsere schöne „Marktwirtschaft“. Zwar h ä n g e n die Leute mit ihrem Lebensunterhalt vom Lohn für ihre Arbeit a b – aber ob sie arbeiten und dafür einen Lohn beziehen ist aber gar nicht ihre Angelegenheit, das liegt gar nicht in ihrer Hand. Sondern umgekehrt:

Arbeit ist eines der M i t t e l, die ein Unternehmer anwendet – oder auch nicht, um sein Geschäft zu machen; konkurrenztüchtig g e g e n andere Firmen, die haargenau dasselbe tun und sich wechselseitig ihren Erfolg s t r e i t i g machen. Eine saubere Gesellschaftsordnung, die die Arbeit als Geschäftsmittel der Unternehmer organisiert, für die sie als Arbeitskost eine Last, einen Anschlag auf ihren Gewinn ist und die sie damit zu einer dauerhaften Last für die A r b e i t e r macht

– und eben deswegen müssen die Arbeiter der Arbeit hinterherlaufen, als wäre sie eine einzige Gunst und Gnade für sie, ausgerechnet weil ihnen kein anderes Mittel, keine andere Einkommensquelle für den Lebensunterhalt offensteht. Und mit dieser gelungenen Dauererpressung Arbeiter dürfen/müssen sich dann ein Leben lang rumschlagen.

Es gibt aber auch die Möglichkeit der Abhilfe! Denn für den Erfolg dieser Erpressung ist auf Seiten der Betroffenen eines nötig: dass sie sich die Erpressung mit dem „Arbeitsplatz“ gefallen lassen; dass sie sich auf die „Erfordernisse“ eines weltweit geführten Konkurrenzkampfes einstellen, anstatt die Erfordernisse eines anständigen Lebens dem entgegenzusetzen. Denn ganz so wehrlos wie es scheint sind die Lohnarbeiter gar nicht – solange das Kapital sie braucht. Und wenn sie darüber hinaus anfangen, aus dem freien, geschäftstüchtigen Umgang der Unternehmen mit dem „Faktor Lohnarbeit“ die richtigen Schlüsse zu ziehen, wären sie in der Lage die richtigen praktischen Schritte folgen zu lassen und dem Elend ein Ende zu bereiten.

Wenn sie damit doch endlich beginnen würden…

Weitere, vertiefende Texte zu allen möglichen Aspekten der Lohnarbeit, also Arbeit organisiert und verrichtet als Dienst an der Kapitalverwertung, werden folgen. Und wer mit uns ins Gespräch kommen möchte, sich eventuell sogar dazu entschließen kann, sich in einer Arbeitsgruppe gründlich mit dieser Wirtschaftsweise, ihren Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten auseinander zu setzen zu wollen, der möge sich bei einer unter der Rubrik Kontakte angegebenen Internetadressen melden.

 

Quelle: DIE LINKE. Kreisverband Rotenburg/Wümme

 

http://www.die-linke-rotenburg.de/index.html

 

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