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„Ausgeliefert!“ Investigativer Journalismus kümmert sich um Leiharbeiter bei Amazon

Von • Juni 30th, 2013 • Kategorie: Allgemein

„Ausgeliefert!“ Investigativer Journalismus kümmert sich um Leiharbeiter bei Amazon:

Skandalöse Zustände bei der kapitalistischen Ausbeutung und Klarstellungen über ihren Normalfall

Mitte Februar sorgt eine ARD-Reportage über den weltweit größten Online-Händler Amazon für gehörigen Wirbel. Es geht um den hässlichen Umgang mit den Leiharbeitern, die der Internetriese aus ganz Europa anwirbt und in seinen Logistikzentren u.a. in Nordhessen antreten lässt. Sämtliche deutsche Zeitungen und mehrere Talkshows nehmen sich der Sache an und setzen das Thema „Leiharbeit in Deutschland – ihr Nutzen und Nachteil, ihr legitimer Gebrauch und ihre illegitimen und illegalen Auswüchse“ wieder auf die öffentliche Tagesordnung; in den social networks zirkulieren Aufrufe zum Boykott, woraufhin angeblich tausende Kunden ihre Amazon-Konten auflösen; die Gewerkschaft ver.di sieht sich durch die öffentliche Aufregung in ihrem Kampf um einen Tarifvertrag mit dem amerikanischen Onlinekaufhaus und um die Etablierung von Betriebsräten an seinen diversen Standorten gestärkt; der Bundestag nimmt die in den Medien ausgebreitete Kontroverse zum Anlass, dem Thema eine ‚aktuelle Stunde‘ im Bundestag zu widmen, in der die Parteien den möglichen und wirklichen Missbrauch des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes sowie das Funktionieren der entsprechenden Kontrollen zum Stoff ihrer Konkurrenz verarbeiten; daraufhin stellt eine Untersuchung der Bundesagentur für Arbeit Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz fest und verhängt eine Geldstrafe gegen die von Amazon in Anspruch genommene Zeitarbeitsfirma; schließlich trennt sich Amazon von dem Sicherheitsdienst und dem „Job-Touristikunternehmen“ CoCo, die in der Reportage für ihre entwürdigende und vielleicht sogar rassistische Behandlung der angeheuerten Ausländer ihr Fett abbekommen.

Alles in allem ein gelungenes Stück investigativer Journalismus: Da decken Reporter einen üblen, wenn auch nicht ganz unbekannten Missstand auf, zerren ihn ans Licht der Öffentlichkeit, wo er als Skandal vom Presseorgan zum Stammtisch und wieder zurückgereicht wird; von dort aus kommt das Thema ins Parlament und in die Hände der zuständigen Instanzen, die sich dann mit der Durchsetzung und womöglich mit der Änderung des Rechts darum kümmern.

Aber vor allem in einer anderen Hinsicht ist diese Reportage exemplarisch: Sie schafft es in vorbildlicher Weise, vor lauter Aufdeckung den Grund fürs Aufgedeckte vollkommen zu ignorieren.

(…)

Quelle: GegenStandpunkt 2-13 (Chronik)

http://kritikgehtanders.blogsport.de/2013/06/30/ausgeliefert-investigativer-journalismus-kuemmert-sich-um-leiharbeiter-bei-amazon-skandaloese-zustaende-bei-der-kapitalistischen-ausbeutung-und-klarstellungen-ueber-ihren-normalfall/

 

http://www.gegenstandpunkt.com/gs/13/2/inh132.htm

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