Suitbert Cechura: Wahlkampfthema Bürokratieabbau – mit der Kettensäge oder wie?
Von webmaster • Feb. 3rd, 2025 • Kategorie: AllgemeinSuitbert Cechura: Wahlkampfthema Bürokratieabbau – mit der Kettensäge oder wie?
Der Staat soll im eigenen Betrieb rücksichtslos aufräumen, fordern alle Parteien. Ein eigenartiges Wahlversprechen!
Die Forderung nach Bürokratieabbau findet sich in den Wahlprogrammen aller Parteien, die Chancen haben, in den Bundestag einzuziehen. AfD: „Bürokratische Überregulierung und planwirtschaftliche Fehlsteuerung würgen Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit ab.“ CDU: „Ein zentrales Hindernis für wirtschaftliches Wachstum ist die wachsende Bürokratie.“ SPD: „Bürokratieabbau jetzt“. Bündnis 90/Grüne: „Wir Grüne im Bundestag gehen den Bürokratieabbau umfassend und konsequent an.“ BSW: „Rentenkürzungen und Bürokratie-Irrsinn der Ampel stoppen“.
Es könnte natürlich der Verdacht aufkommen, dass sie einfach den Erfolg eines Donald Trump kopieren wollen, der sonst gern der populistischen Untergrabung des Rechtsstaates verdächtigt wird. Trump hatte ja eine Effizienzkommission seines Kumpels Elon Musk versprochen. Die Staatsausgaben sollten eingedämmt werden und dazu gibt es jetzt mit dem Department of Government Efficiency die entsprechende Einrichtung, die der Milliardär leitet. „Um Personal abzubauen, stellt der aber erst mal Personal ein“, kommentiert der „Spiegel“. Ohne Bürokratie kann ja kein geordneter Abbau beginnen!
Aber das hehre Ziel Bürokratieabbau bleibt natürlich in Kraft. Trump hatte übrigens auch einen Vorgänger: In Südamerika machte Präsident Milei in Gestalt eines Kettensägenanarchisten Furore. Der Wille, radikal mit der Bürokratie aufzuräumen, kam bei den Wählern gut an. Und so eine billige Tour, die Unzufriedenheit im Wahlvolk aufzugreifen, kann sich natürlich kein Politiker entgehen lassen.
Bürokratie: Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen
Der alltägliche Kampf ums Geld
Bürokratieabbau: Förderung des Wirtschaftswachstums
Die Entfesselung der Staatenkonkurrenz
Wenn unterschiedliche Staaten das Programm des Bürokratieabbaus verfolgen, dann sind sie offensichtlich unzufrieden mit dem Ergebnis der Konkurrenz ihrer Wirtschaft auf dem Weltmarkt. Dann rüsten sie sich – frei von früheren Beschränkungen – dafür, diesen Konkurrenzkampf für sich zu entscheiden oder ihre Stellung in ihm zu verbessern. Nicht nur mit Zöllen, sondern eben auch mit der Entfesselung der Macht des eigenen Kapitals soll der Erfolg der eigenen Nation gesichert werden – und das neben der Konkurrenz der Waffen, die ja auch enorm voran getrieben wird.
So rüstet sich die EU mit dem Programm „Omnibus“ dafür, dass ihre Kapitalisten sich nicht zu lange beim Ausfüllen von Formularen aufhalten aufhalten müssen, sondern zielstrebig der Profiterwirtschaftung und Markteroberung nachgehen. In dem EU-Programm „geht es um eine Verordnung, die sich am lateinischen Ursprung des Wortes (omnibus: für alle) orientiert: Berichtspflichten, die sich aus mehreren europäischen Umwelt- und Klimagesetzen ergeben, sollen in einem einzigen Gesetz gebündelt und entschlackt werden.“
Also: Green Deal war gestern! Und dass die Neuerungen auf Kosten von Otto Normalverbraucher oder der fleißigen Dienstkräfte gehen, ist dabei kein Geheimnis. Dennoch sollen die Wähler mit ihrem Wahlkreuzchen die Zustimmung dazu geben, dass in der Marktwirtschaft jetzt die entscheidenden Subjekte ungehemmter verfahren können. Die Bürger sollen ihren Ärger bei den Behörden, wo sie bei Gelegenheit ein Formular ausfüllen oder eine Bescheinigung abgeben müssen, in den allgemeinen Missstand „Zu viel Bürokratie!“ einordnen und sich darüber freuen, dass die Politik hier endlich Abhilfe schafft. Also Tatkraft zeigt. Wie es in den letzten Wahlkampfanalysen bei Overton hieß, sind eben heutzutage keine sozialen Wohltaten mehr zu erwarten; das Wahlvolk soll sich vielmehr für die spannende Frage interessieren, ob die Brandmauer hält.
Die Parteien beeindrucken den Wähler damit, dass die Politik bereit ist, rabiat zur Tat zu schreiten. Notfalls mit einer Kettensäge. Ja dann Prost!
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