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der baum, dein Lächeln, wider den skeptizismus

1. der baum

Würde man Systemtheoretiker zu diesem Thema zu Wort kommen lassen, so ist garantiert, daß sie als erste Bestimmung des Gegenstandes dessen Komplexität festhalten werden. Dem funktional-strukturellen Ansatz zufolge, nach dem die Separation eines Systems nur Sinn macht, wenn der Bezugspunkt der Analyse außerhalb des Systems liegt, bestünde Altmeister N. Luhmann gar darauf, daß nicht nur der baum an sich ein System bilde, sondern er gleichfalls Bestandteil eines (anderen) Systems sei, z.B. des Ökosystems, das in Abgrenzung zum Systems des baums die Umwelt bilde. Dagegen ist folgender Einwand zu erheben: Was weiß ich über einen Baum, wenn ich seine Eigenschaft der Komplexität zur Kenntnis genommen habe, wenn ich weiß, daß er Teil eines Systems ist? Eben – nichts. Komplex kann alles sein. Was ist bitteschön nicht Teil eines schier undurchschaubaren Beziehungsgeflechts, wenn man es darauf anlegt? Diese Eigenschaft ist gar nicht baum-typisch; sie trifft genauso gut auf einen Bleistift oder den Freudschen Seelenapparat zu. Wenn es also um die Analyse des baums gehen soll, kommt man nicht umhin, sich um die ihm eigenen Gesetzmäßigkeiten udn Bestimmungen zu kümmern. In dieser Tätigkeit tilgt das wissenschaftliche Subjekt den Gegensatz von Subjektivität und Objektivität und gelangt so zu der Natur des baums, das Resultat ist Wissen.

Systemtheoretiker hingegen halten nun gleichzeitig am Gegensatz zwischen Subjektivität und Objektivität fest. Sie besprechen den Gegenstand ausschließlich in den Verhältnissen in denen er sich bewegt, sie entdecken eine Unzahl von Beziehungen zu anderen Gegenständen, widmen sich ausführlich den Funktionen , die der Gegenstand wahrnimmt (man mag gar nicht fragen, um welche es sich da handelt), prüfen, welchen Wirkungen der Gegenstand ausgesetzt ist und welche wiederum von ihm ausgehen usw. usf. So kommt eine Reihe von Urteilen über den zu erklärenden Gegenstand zusammen, die seine Natur zwar irgendwie betreffen, aber zugleich darauf verzichten, die mannigfaltigen Abhängigkeiten als notwendige Erscheinungsweisen seiner Eigenart zu erklären. Damit wäre auch bereits ein Hinweis darauf gegeben, warum so viele Ansätze innerhalb einer Wissenschaft existieren, die sich gar nicht negativ aufeinander beziehen, sondern vielmehr als gleichberechtigt nebeneinander stehen. Systemtheoretiker teilen also den Grundfehler aller bürgerlicher Wissenschaften und betreiben damit keine.

Mag also die Analyse des baums als Resultat ergeben – nachdem seine Eigenschaften erkannt, seine Gesetzmäßigkeiten bestimmt sind – daß er (auch noch) komplex ist, so ist der Analyse nichts hinzugefügt worden! Besonders beliebt ist diese Eigenschaft von gar nichts auch als inhaltlicher Einwand gegen ganze Theorien: So einfach dürfe man es sich nun wirklich machen. Vielleicht nicht – aber sollte man deswegen lieber gleich gar nicht mit der Analyse beginnen? …

2. dein Lächeln

Das interpersonelle Possesivpronomen wendet hier die Perspektive vom Autoren zum Leser, der sich veranlaßt sehen könnte über seine spezifische Art des Lächelns zu reflektieren; zunächst abstrahierend von dem konkreten Anlaß und der charakteristischen Ausprägung. Anders als manche Linguisten, hat der Leser mit der unüblichen Kleinschreibung des Pronomens kein Problem, besitzt er doch dei Fähigkeit zu generalisieren. Lächeln als Hyponym einer (angeborenen) Gemütsregung, der meist eine gehobene Stimmungslage zugrunde liegt und als abgeschwächte Form des Verbs Lachen tritt entsprechend der Vielfältigkeit der auslösenden Momente in mannigfaltigen Formen auf. Die gesteigerte Form des Lachens, der (nicht-pathologische) Lachkrampf, ließ sich beim Autoren zuletzt durch ein rekognitives "555-shoe" erzeugen.

Zur Spezifizierung könnten Adjektive dienen. Durch einen "wie-Frage" ließe sich tatsächlich herausfinden, ob es sich um ein herzhaftes, strahlendes, hämisches, gehässiges, zynisches, verschmitztes, überraschtes, erstarrtes, eingefrorenes (fatal bei Delphinen, unästhetisch bei chirurgisch erzeugten Hautstraffungen), mildes, weises, vielsagendes, mitleidiges, versöhnendes, aufmunterndes, verlegenes, aus Höflichkeit aufgesetztes, affektiertes (in der stärksten Ausprägung bei semiprofessionellen Tänzern zu beobachten) oder sonstwie geartetes Lächeln/Lachen handelt. Durch den Einsatz von bis zu 43 Gesichtsmuskeln lassen sich diese polymorphen Arten mimisch an einem menschlichen Probanden darstellen. Und Physiologen können sogar mit Hilfe von Hochgeschwindigkeits-aufnahmen und Elektromyogrammen nachweisen, ob es sich um ein instinktiv oder willentlich geprägtes Lachen handelt.

So weit so gut und überhaupt kein Grund die Vokabel Lächeln in eine vom Sender codierte Buchstabenfolge L-ä-c-h-e-l-n zu verwandeln, die, beim Empfänger angekommen, umständlicherweise decodiert, in Phoneme gruppiert und schließlich mit Bedeutung gefüllt werden müßten. Anders als die Sprachwissenschaft nämlich behaupten will, existiert das Verb nicht doppelt – einmal als leere Worthülse und davon abgetrennt noch einmal als Repräsentant eines Wortinhalts – sondern nur als untrennbare Einheit der beiden Aspekte; ohne daß man die Bedeutung eines Wortes kennt, macht eine Buchstabenkette nämlich überhaupt keinen Sinn, wie man bei Auslandsreisen nach China doch auch ohne Probleme erkennen könnte. Das wäre ja auch ziemlich bescheuert, wenn man zunächst lauter Buchstabenfolgen auswendiglernen und diesen anschließend Inhalte zuordnen müßte. Woher wüßte man auch welcher Vokabel welchem Inhalt entspricht?! Es ist schlicht eine Lüge, daß man zunächst den Status eines "kompetenten Sprechers" erlangen müßte, um nicht aus Versehen sein geld auf eine Ausruhmöglichkeit im Park zu legen und so vergebens auf Zinsen wartet statt auf ein gleichlautendes Finanzinstitut (vgl. Problematik der Homonyme).

Ob es sich schließlich um ein schwelgendes "dein Lächeln" handelt, daß der/dem Geliebten gilt, oder vielmehr meint, der Angesprochene möge sein dämliches Grinsen unterlassen, wird dann schon deutlich werden…

3. wider den Skeptizismus

Die Wissenschaft hat ein neues Hobby. Überall wird nicht nur nebenbei darauf hingewiesen, daß ihre Untersuchungen und Forschungsergebnisse nicht nur einfach, sondern auch komplex, also in Abgrenzung zum Descarteschen Reduktionismus auch einmal nicht-linear verlaufen. Eigentlich könnte man daraus den Schluß ziehen, daß die fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnisse in allen Bereichen genauer, besser und brauchbarer werden. Auch das Wissen, das aufgrund der fraktalen, chaotischen Denkweise gewonnen und in Bereichen wie der Meteorologie (Schmetterlingseffekt), Medizin (Herz und Hirn als chaotische Systeme), Psychologie (psychische Fraktale) und beim Camcorder (fuzzy-logic) eingesetzt wird, bietet kein Grund zur Skepsis. So wollen Wissenschafts-theoretiker ihr tun aber nicht verstanden wissen. Genau umgekehrt soll der Zuwachs an Wissen einen prinzipiellen Zweifel am Wissen manifestieren. Dies wird gar nicht an den konkreten Erkenntnissen festgemacht, sondern existiert immer neben dem Gegenstand der Auseinandersetzung, quasi als Über-wissenschaft.

"So spricht der renommierte britische Wissenschaftstheoretiker Toulmin von der lebendigen geistigen Haltung der zukünftigen Moderne, in der die ‚skeptische Anerkennung der Vieldeutigkeit und die Bereitschaft, mit der Ungewißheit zu leben‘ eine existentielle Chance darstellen. " Und so brauchbar die Ergebnisse auch werden, gerade die Unwissenheit (=Ungewißheit) ist das Lebenselixier. Und nicht nur, daß dieses Wissenschaftstheoretiker ihren Überblödsinn, der die Erkenntnisse für sich gar nicht bewerten und anerkennen will, für sich behalten – geschult wie sie sind, raten sie, wie der Philosoph Wes Nisker, eine "neue Ehrfurcht" zu entwickeln, um daran zu glauben, daß man "keine Antwort auf die Frage, warum die Dinge so sind, wie sie sind" findet.

Warum sind sie sich da nur so sicher?!


contradictio - 2006