contradictio.de  -  Gedanken (nicht nur) zur Zeit - eMail


        Startseite
        Datenschutz

        Aktuelles (Blog)

        Statistiken

     Krieg & Frieden

        11.09.01
        Antiterrorkrieg
        Friedensbewegung
        Irak-Krieg
        USA-Sicherheitsstrategie

     Deutschland

        agenda 2010
        BRD-Stärke
        Bundeswehr
        BSE
        Du bist Deutschland
        Hartz-Module
        Medien
        (Neo-)Faschismus
        Rente 1
        Rente 2

     Psychologie & Glaube

        Aggression
        Gefühl & Verstand
        Kritik der Psychologie
        Manipulation
        Motivation
        Psychologisches Denken
        Sinn des Lebens
        Vorurteile

     Bürgerl. Denken

        Aussenhandel
        Beispiel
        Denken
        Dummheit
        Hegel
        Hyoothese
        Linguistik
        Marktwirtschaft 
        Moral
        Nationale Identität
        Pflichten
        Profit
        Skeptizismus
        Sprachphilosophie
        Vergleich
        Volkswirtschaftslehre
        Wahrheit
        Wissenschaft der Logik     

 

Download als PDF-Dokument (34 kB): medien.pdf

Die 4. Gewalt im Staate

Die Macht der Medien

Gliederung:

  1. Die freie Presse

    1. Nachrichten

    2. Kommentare

  2. Der Nutzen der Presse für die Bürger

    1. Tipps fürs Zurechtkommen

    2. Die Nation als geistige Heimat

  3. Herrschaft über Köpfe

Einleitung

Es gibt Gründe dafür, daß die freie Presse bzw. die öffentlichen Medien neben der Legislative, Judikative und Exekutive den Status der “4. Gewalt” innehat. Dies spiegelt sich beispielsweise auch in den jüngsten Machtkämpfen um TV-Sender oder Radiostationen wider (Tschechien, Tschetschenien, Rußland). Und regelmäßig wird nach Militärputschen in Ländern der “3. Welt” von der neuen Staatsführung so ziemlich als erste Maßnahme das Personal in den Redaktionsstuben ausgetauscht. In der zivilisierten westlichen Welt läuft der Zugriff der Staatsmacht und der Parteien auf die Medien etwas gesitteter ab, es gibt ihn aber auch dort: Da gibt‘s bei den öffentlich-rechtlichen Sendern Fernseh- und Rundfunkräte mit entsprechendem Parteienproporz, Fernsehen und Rundfunk sind verpflichtet, Wahlwerbung auszustrahlen, es kommt vor, daß die Medien insgesamt gescholten werden, sollten sie einmal das für erträglich gehaltene Maß “kritischer Berichterstattung” überschritten haben, mit dem Hinweis, daß so etwas bloß zur Staatsverdrossenheit führe usw.

Offenbar ist den Staatsorganen und Parteiorganisationen sehr bewußt, daß sie mit den Medien über ein Instrument verfügen, mit dem sie Herrschaft über Köpfe ausüben können, daß die Medien ein verlängerter Arm der Staatsmacht sind. Einerseits. Andererseits gilt die freie Presse als furchtbar “kritisch” und genießt daher einen guten Ruf, sie deckt am laufenden Band “Skandale” auf; nichts bleibt unentdeckt, kein BSE, kein turtelnder und planschender Verteidigungs-minister und keine Parteispendenaffäre. Sie tut alles dafür, daß es bei der Art und Weise der Herrschaftsausübung und des Wirtschaftens keine Unregelmäßigkeiten gibt.

D.h. es gibt zwei gegensätzliche Positionen, die zur Presse einge-nommen werden: Einerseits tauglich als Staatsorgan, soll sie andererseits einen Schutz vorm Staat bieten, indem sie ihn kontrolliert. Wie paßt das zusammen? Was ist die freie Presse wirklich, was haben die Leser/innen bzw. Zuschauer/innen von ihr und wie wird sie vom Staat als Machtinstrument benutzt? Davon ist im Folgenden zu lesen.

A. Die freie Presse

Jede/r ehrenwerte Journalist/in würde es meilenweit von sich weisen, manipulieren zu wollen, ein verlängerter Arm der Staatsmacht zu sein. Ihrer Meinung nach wollen sie bloß durch die Kundgabe von mehr oder minder detailreichen Informationen, durch investigativen Journalismus, durch fundierte Recherchen einen Prozeß namens Meinungsbildung unterstützen, selbst bei der BILD-Zeitung (“BILD Dir Deine Meinung”…). Dafür halten sie sich an einen strengen Sittenkodex, der darin besteht, Nachrichten und Kommentare strikt voneinander zu trennen.

1. Nachrichten

Um es vorwegzunehmen: Das, was in dieser Kategorien abgedruckt oder gesendet wird, hat mit Nachrichten nichts zu tun. Es handelt sich in den allermeisten Fällen definitiv nicht um die pure Wiedergabe von Fakten über ein Stück Natur oder Gesellschaft. Vielmehr werden die den Nachrichten zugrundeliegenden Fakten in einer Weise “aufbereitet”, daß sie gleich einen Maßstab mitliefern, nach dem man eine “Sache” beurteilen soll. Von wegen “Fakten, Fakten, Fakten!” – alles, was als “Meldung” herhalten muß, wird lediglich wie eine Faktizität behandelt. Das kann ja jeder sagen, könnte der/die Leserin an dieser Stelle denken – deshalb nun ein paar Beispiele.

Die Meldung “Gestern: Regen” ist die Wiedergabe eines Faktums. Bei Meldungen der Art “Engpaß in Rentenkasse”, “Lohnnebenkosten dramatisch gestiegen”, “Eigenverantwortlichkeit im Gesundheitswesen soll gestärkt werden”, “Arbeitslosigkeit saisonbedingt gestiegen”, “Friedensmission für Afghanistan” verhält es sich anders.

  • “Engpaß in Rentenkasse”: Als würde es sich um so etwas Unvermeidbares handeln wie eine Naturkatastrophe, ein Erdbeben z.B., wird hier verschwiegen, daß dahinter ein staatlicher Beschluß steht, eben nicht mehr für die Verwaltung der Rentnerarmut ausgeben zu wollen. Mit “Engpaß” wird zudem ein Imperativ mitgeliefert. Der Engpaß soll natürlich beseitigt werden. Man kann auch schon ahnen wie, nämlich wie immer durch entsprechende, “leider unvermeidliche Leistungskürzungen”.
     
  •  “Lohnnebenkosten dramatisch gestiegen”: Und für wen ist das bitteschön ein Drama? Natürlich für die, die “die Wirtschaft” heißen – und das sollen natürlich alle schlecht finden, denn unter hohen Lohnnebenkosten leidet ja bekanntlich die Wettbewerbsfähigkeit “unserer” Wirtschaft, und das schadet ja letztendlich “uns allen”. Auch hier wird ein impliziter Imperativ gleich mitgeliefert: Die Lohnanteile, die buchhalterisch und künstlich “Lohnnebenkosten” genannt werden, aber sachlich nichts anderes sind als die anderen Lohnanteile auch, sollen sinken. Dabei ist doch gar nicht einzu-sehen, warum in bezug auf das Lohnarbeitersein der Kauf von Lebensmitteln was anderes sein soll, als der Kauf von Medika-menten oder die Bezahlung eines Krankenhausaufenthalts!
     
  • “Eigenverantwortlichkeit im Gesundheitswesen soll gestärkt werden”: Eigentlich weiß hier jede/r Leser/in sofort, daß man an ihren/seinen Geldbeutel will, nur nennen will man es so nicht; statt dessen wird dieser Sachverhalt übersetzt in das hübsch und positiv klingende Wörtchen “Eigenverantwortlichkeit”.
     
  • “Arbeitslosigkeit saisonbedingt gestiegen”: Hier wird so getan als wäre das Wetter schuld an Entlassungen; das ist eine Lüge. Es sind immer noch Unternehmer, die Leute feuern, nämlich die, deren Anwendung sich für sie nicht mehr lohnen.
     
  • “Friedensmission für Afghanistan”: Es bleibt letztlich das Geheimnis der Schreiberlinge und Nachrichten-Moderatoren, wie man einen Bombenkrieg so nennen kann…

Die Vermittlung bzw. Übermittlung der stets frei Haus mitgelieferten Maßstäbe, die man sich gar nicht bestellt hat, aber eine Anleitung zur Beurteilung einer Sache sind, funktioniert also zum einen über eine eigentümliche Namengebung und zum anderen durch das Versehen mit Attributen, die mit Sachlichkeit nichts zu schaffen haben. Der Witz besteht also gar nicht darin, daß da großartig gelogen wird, Meldungen frei erfunden oder massiv gefälscht werden; das mag auch mal vorkommen, und bei der BILD wird das wahrscheinlich häufiger geschehen als bei der FAZ, der SPIEGEL wird irgendwo in der Mitte liegen…  Die allermeisten Nachrichten basieren zwar auf Fakten, nur daß durch die beschriebene Weise der Darstellung, die Sachverhalte kaum wiederzuerkennen sind und so ihren Beitrag zur (erwünschten) Meinungsbildung leisten – von welcher Art die ist, wird noch zur Sprache kommen.

Es gilt bei der bürgerlichen Presse des weiteren auch gar nicht als Verstoß gegen den Maßstab der Objektivität, wenn die ersten 5 Minuten eines Nachrichtenmagazins oder die ersten 3 Seiten eines Printmediums mit lauter Zitaten von Parteivorsitzenden, Generalsekretären oder sonstwie wichtigen Menschen gefüllt werden! So kann sich jeder Politiker sicher sein, daß seine Machtworte 1:1 am selben oder nächsten Tag unverändert wiedergegeben werden und sie deshalb auch wirken können. Den Modus der Objektivität erhalten sie dadurch, daß sich die Journalistenzunft die Mühe macht, Zitate mit Anführungszeichen zu versehen (einfache Variante) oder indem die indirekte Rede (für das anspruchsvolle Publikum) verwendet wird. Das ist nicht nur komisch.

Und schließlich machen die Herren und Damen der Medienbranche noch mit ihren Floskeln wie “unsere Reporter erfuhren vor Ort…” oder “aus gut unterrichteten Kreisen hieß es…”, die sie eigentlich als Auszeichnung eines gewissenhaften Journalismus verstanden wissen wollen, eigens deutlich, daß ihnen nichts so wichtig ist wie die geistige Nähe zu den maßgeblichen Machtzentrum , und das ist etwas völlig anderes als geistige Qualität, auf die es anscheinend als allerletztes ankommt.
  

B.  Was hat der/die Leser/in von der freien Presse?

1. Tipps fürs Zurechtkommen

Vor allem schon mal dies: er/sie weiß, worauf sie sich einzustellen hat! Da werden z.B. pünktlich jeweils zum Neuen Jahr, und wann immer es auch zwischendurch nötig ist, die Gesetzesänderungen und neu in Kraft tretenden Regeln und sonstigen anstehenden politischen Maßnahmen verklickert, es wird einem erklärt, daß mehr als 3 % mehr Lohn und Gehalt in diesem Jahr nicht drin sind, weil es gegen jede wirtschaftliche Vernunft wäre, es wird einem klargemacht, daß man sich zukünftig selbst um seine Rente zu kümmern hat, daß man am besten auch schonmal was auf die hohe Kante legt, um sich den nächsten Zahnarztbesuch noch leisten zu können; wie soll man sich eigentlich zu den USA und ihrem Anti-Terrorkrieg stellen, wie zum Engagement deutscher Truppen? Was soll man über Schilys Sicherheitspakete denken? Usw. usf. Auf all diese Fragen findet sich in der freien Presse die passende Antwort. Ganz allgemein wird die Leserschaft moralisch und z.T. auch praktisch (im Sinne von: Tipps mit auf den Weg geben, wie man das bewerkstelligt) auf das vorbereitet, was von ihr verlangt und/oder erwartet wird.

Zweitens ist die freie Presse so etwas wie ein General-Auffangbecken für jedwede Form der Unzufriedenheit seitens der Leserschaft. Sie weiß für jede Kritik und jeden Protest einen falschen Ausweg – weil nämlich eine falsche Erklärung der Dinge geliefert wird, die Unmut hervorrufen –, und der besteht darin, die Täter (per Wahlkreuz oder Rücktrittsforderung) auszuwechseln, anstatt die Taten zu beurteilen.

Zusammenfassend läßt sich dazu sagen: die theoretischen Unzuläng-lichkeiten im Hinblick auf die korrekte Beurteilung einer zur Beurteilung anstehenden Sache auf Seiten der LeserInnen und ihre praktische Nichtzuständigkeit wird von der Presse täglich reproduziert!

Doch dafür wird die Leserschaft und auch das TV-Publikum entschädigt: so wie sie bzw. es praktisch von allen Entscheidungen ausgeschlossen ist und auch ausgeschlossen bleiben soll, so sehr dürfen die Bürger ideell an den Debatten teilhaben, dürfen sich geistig mit den Problemen, die die Machthaber (bisweilen auch mit ihnen selbst) haben, beschäftigen – man ist quasi live im Kanzleramt dabei und darf sich, freilich als Privatmensch, so vorkommen, als sei man der eigentlich viel bessere Kanzler…

Die Regierungs- und Oppositionsparteien lieben diese Plattformen, die sie kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen und nutzen sie ausgiebig als Ersatzparlament. Diese vielfältigen Gelegenheiten, das Volk zu agitieren, lassen sie sich nicht entgehen. Die Paradebeispiele für solche Bühnen des ständigen Wahlkampfs sind “sabine christiansen” (ARD) und “Berlin Mitte” (ZDF). Da wird so getan, als stünden die gerade behandelten Themen irgendwie zur Debatte im wörtlichen Sinn, als stünde da was zur Abstimmung an – nichts da! [Früher im Sozialkunde-Unterricht hatte man gelernt, daß nur die Marktplätze zu klein wären, um das Volk über  alle (wichtigen) Fragen abstimmen zu lassen. Nun gibt es einen TED, so daß es gar keinen Marktlatz bräuchte, aber abgestimmt wird trotzdem nicht, z.B. über Fragen wie, “sollen ‚wir‘ nun mit ‚unserer‘ Bundeswehr nach Afghanistan, oder lieber nicht?”].

2. Die Nation als geistige Heimat

Der Bürger darf sich durch verschiedene andere Sparten innerhalb der Zeitungen, Journale oder TV-Magazine geistig beheimaten lassen. Vor allem zwei Abteilungen wären da zu nennen: a) die Mitbürger und ihre Verbrechen, und b) die Schicksale der Schönen, Reichen und Stars.

Die Kategorie a) verschreibt sich einer gewünschten Moralbildung bzw. der Festigung oder Erneuerung einer bereits bei der Leserschaft vorgefundenen Moral; die Presse liefert eigentlich nur lauter buntes Material dafür, denn sie (er)schafft sie nicht erst. Sie trifft bei der Leserschaft ja von vornherein auf den Standpunkt: Nach den Regeln, wie dieses hübsche Gemeinwesen organisiert ist, will auch ich mich benehmen, die hiesige staatliche Ordnung ist der Maßstab auch meines Erfolgs. Genau deshalb interessiert die Leser die Ausnahme davon, also Rechtsbrüche, Verbrechen. Sie liefern die (eingebildeten) Gründe dafür, warum man selbst ewig zu kurz kommt – “der Ehrliche ist halt immer der Dumme”! Damit manifestiert sich der falsche Gedanke, daß “Mißstände”, Ärgernisse, die einem beschert werden, Schwierigkeiten, mit denen man sich im beschissenen Alltagsleben rumschlagen muß, nie und nimmer den Grund in der staatlichen Ordnung haben können, sondern immer nur an denen liegt, die die Regeln verletzten bzw. übertreten, die sich mehr “herausnehmen” als andere, die einem durch ihr asoziales Verhalten das Leben schwermachen.

Festgestellte Abweichungen rufen selbstredend den Staat auf den Plan, der mit dem Verhängen von Strafen das Recht wiederherstellt und seinem wie dem Rachebedürfnis des Volks genüge tut. Das Strafmaß kann der Leserschaft dabei kaum hoch genug ausfallen – so wird die Moral wieder produktiv, weil man sich als anständiger Zeitgenosse schlußendlich doch bestätigt sehen darf, denn: “Ehrlich währt doch am längsten!”

Ein solches Untertanen-Gemüt betätigt sich auch dann schon, wenn noch gar kein Verbrechen vorliegt. Und zwar ganz allgemein auf dem Sektor der Sittlichkeit, und die wird gerne am Benehmen der Stars und Sternchen gemessen, womit ich bei Kategorie b) wäre. Das Anprangern von “Fehlverhalten” und “Entgleisungen” der Schönen und Reichen – z.B. wenn Ernst August von Hannover scheinbar unmotiviert mit seinem Schirm auf harmlose Journalisten eindrischt – wird die eigene Moralität, die Moralität des “kleinen Mannes” und der “kleinen Frau” gestärkt, weil ideell gelobt. Solche Stories dienen ausschließlich der Beförderung der moralisch-nationalistischen Überzeugung, daß Führer und Geführte, daß Herrscher und Beherrschte doch irgendwie aus demselben Holz geschnitzt sind…

C. Die Medien als Zugriffsinstrument der Machthaber über die Herrschaft der Köpfe

Am besten wird der in der Überschrift beschriebene Sachverhalt durch die Bundespressekonferenzen gespiegelt, in denen nichts anderes geschieht, als daß der versammelten Journalisten-Schar, das in die Stenoblöcke oder Diktiergeräte diktiert wird, was sie zu schreiben und abzudrucken hat. Doof wie sie sind (man könnte auch charakterlos hinzufügen), tun sie das glatt. So landen also die Stellungnahmen der Regierenden in die Köpfe der Regierten. Aber wieso ist das eigentlich nötig? Weil sie sonst kein Kriterium hätten, nach dem sie die Themen beurteilen könnten! Soll China in die WTO, soll die Türkei in die EU? Weil die meisten Leser weder Ökonomen noch Ethnologen sind muß es ihnen eben “erklärt” werden! Dabei ist der Maßstab, nach der sich die passende Antwort auf solche Art von Fragen ergibt von vornherein klar: Es ist der Maßstab des Erfolgs der eigenen Nation. Wenn es Deutschland nützt, muß China in die WTO aufgenommen werden, wenn es der EU schadet, muß die Türkei draußen bleiben… So üben die maßgeblichen Politiker des Landes durch die Presse eine Lenkungswirkung auf die Leser aus. Diese funktioniert aber nicht aufgrund irgendwelcher Manipulations-mechanismen, wie Linke immer wieder gern behaupten, sondern beruht darauf, daß die Leser den nationalistischen Standpunkt schon mitbringen, ihnen bereits zueigen ist.

Kein versöhnliches Schlußwort

Daß die freie Presse nun gar keine eigene Rolle mehr beim Streit um die Pfründe der Macht spielt ist allerdings auch falsch. Sie mischt sich kräftig ein, kann Stimmungen verstärken, Antipathien schüren usw. Es ist nur die Frage, wie sie das tut: Sie widmet sich mit vollem Elan den Geschmacksfragen bei der Ausübung der Macht und kümmert sich damit um die Parteienkonkurrenz. Sie schafft es glatt, z.B. der Frisur und Haarfarbe der beiden Kanzlerkandidaten eine nicht unerhebliche Aufmerk-samkeit zu schenken, sie erfindet das “Applausometer” für Parteitags-reden und nimmt die Zeitdauer der Zustimmung von Parteitagsdelegierten als Argument für die Güte eines Redners etc. pp. Die Medien reproduzieren damit den Modus der hiesigen Demokratie, indem sie den Willen zum Geführtwerden bestärken, indem sie den Wunsch nach der Delegation des (Wähler-)Willens an eine Charaktermaske der Macht befördern.

Mit dem Anlegen ihrer geschmäcklerischen Maßstäbe bei diesen Stilfragen demokratischer Machtausübungsprozeduren und unerträglichen Selbstdarstellungen der potentiellen wie wirklichen Herrschaftsfiguren kann sie durchaus machtentscheidend sein… Soviel muß man ihr lassen.

“Eine Zensur findet nicht statt” – warum wohl nicht!?!


contradictio - 2006