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Über die Attribute des Denkens

Gliederung:

  1. Autonomes Denken

  2. Kritisches Denken

  3. Positives Denken

  4. Feministisches Denken

Einleitung

In Zeiten der Gründung von interdisziplinären Fakultäten steht vernetztes Denken hoch im Kurs, was den Inhalten nicht unbedingt zu gute kommt. Studierende protestieren immer wieder einmal um ihrer Kritik am "Eintrichtern" Ausdruck zu verleihen und fordern die vermehrte Veranstaltung von autonomen Seminaren, womit allerdings häufig eher nur die nächste Fete gemeint ist. Und sowieso: getreu dem Motto "man kann ja nie wissen" soll man als mündiger Bürger stets furchtbar kritisch denken, es sei denn man gerät darüber zu einem Miesepeter, dann dürfen Lebensberater einem eine rosarote Brille verpassen und den weisen Rat mit auf den weiteren Lebensweg geben: "Think positive !". Die Forderung "Mehr Frauen ins Parlament!" wird zuweilen damit begründet, daß feministisches Denken in der Lage sei, "neue ungewöhnliche Problemlösungsstrategien" bereitzustellen, als wäre ausgerechnet der Bundestag dafür vorgesehen. Anhänger des Umweltgedankens tragen den Herren Ökonomen eine verstärkt ökologische Denkweise an - und: das Schlagwort Umwelt wird glatt zu einem Verkaufsschlager. Heilpraktiker sollen sich gegenüber Schulmedizinern dadurch auszeichnen, daß sie – statt dem konkreten Leiden beizukommen – ihren Patienten eine ganzheitliche Behandlung angedeihen lassen. Denn: analytisches Denken ist ja sowieso von Übel und ruft allerorten nur Zerstörung hervor.

Als ob das Denken erst noch erfunden werden müßte, mangelt es also nicht an Ratschlägen welche Vorgehensweisen beim Denken in den verschiedensten Situationen angezeigt sind. Ob die Befolgung derselben auch das Wissen vermehrt, neue Erkenntnisse zu Tage fördert, bleibt noch sehr die Frage, schließlich wird dem Verstand nicht weniger abverlangt, als sich bei der Geistestätigkeit nach Maßstäben zu richten, die ihm gar nicht immanent sind! Das soll im folgenden anhand von vier Stellvertretern der oben erwähnten und leicht um eine ganze Reihe weiterer und ergänzender Attribute besprochen werden.

A.   Autonomes Denken

Ist es nicht egal, wer sich richtige Gedanken zu einer Sache gemacht hat? Wenn ein Gedanke stimmt spielt es doch eigentlich keine Rolle, ob er mir erzählt wird oder ich selbst zu ihm gekommen bin, oder? Als würde beispielsweise das 2. Newtonsche Axiom dadurch falsch, daß es mir mein Physiklehrer erklärt hat, oder die Stochastik etwas von ihrer Gültigkeit verlieren, nur weil sie mir durch meinen Matheprofessor verklickert wird. Oder wenn man auf die an einen Soziologen gerichtete Frage, was die Gesellschaft wohl sei, als Antwort "Eine Zwiebel!" zu hören bekommt, gibt es zwei Möglichkeiten. Man prüft diese Aussage auf ihren Gehalt, ihre Stimmigkeit und kommt schließlich entweder zu dem Schluß, es ist etwas richtiges über die Gesellschaft gesagt worden oder eben nicht, die behauptete Identität der Sache wird als verfehlt angesehen. Wenn das Umweltministerium behauptet, westliche AKWs seien sicher, weil ein GAU nur alle 1000 Reaktorjahre geschehen könne, wird die Wahrscheinlichkeitsrechung offensichtlich zur Verdummung breiter Schichten (jaja, die Zwiebel läßt grüßen…) der Bevölkerung eingesetzt bzw. mißbraucht. Also – entweder ein Gedanke stimmt und der Argumentationsgang leuchtet einem ein, oder nicht. Dann ist es aber wirklich egal, ob der Gedanke selbständig erarbeitet wurde, oder als Resultat eines nach-gedachten fremden Denkvorgangs präsentiert wird.

Kurz zurück zu den Orten der Lehre , der Universität und Schule. Was hat es eigentlich mit der an die Professoren und Lehrerschaft gerichteten, vielgeübten und überaus beliebten Kritik, man bekäme den Stoff lediglich "eingetrichtert", der Unterricht sei ein einziges "Einbimsen", auf sich? Erstens wird damit die eigene Verstandesleistung, die auch beim Auswendiglernen notwendig ist, geleugnet, denn auch eine falsche Theorie aus der VWL bspw. muß nach der Präsentation durchdacht, verstanden und sich gemerkt werden, wenn es denn zur Prüfung "sitzen" soll. Zweitens aber – der Kritik am Auswendiglernen von der Form her eine gewisse Berechtigung zugestanden – kommt es nicht noch schwer darauf an, was man auswendig lernt?? Man sollte also diese Kritik nicht mit einer verwechseln, die sich gegen den Inhalt des zu Lernenden richtet!

Wie ist das Beharren auf autonomes Denken nun zu verstehen? Es ist nichts als die dämliche Tour, ganz selbstbewußt etwas eigenes zu denken, dafür aber die Resultate des Denkens für unwichtig zu erklären und darauf auch noch stolz zu sein; wer präsentiert sich nicht gern als origineller Denker, nicht wahr?

Schließlich eine abschließende Frage an Euch, die ihr diesen Abschnitt gerade gelesen habt: wer von Euch hat allen Ernstes das Gefühl fremd zu denken?…Oder anders gesagt: wehrt Euch gefälligst und schickt mir Eure ureigene Kritik an diesen Überlegungen! Damit wären wir dann beim nächsten Punkt:

B.  Kritisches Denken

Auch hier wird wieder ein Maßstab an das Denken angelegt, den es nicht geben kann. Gewöhnlich nimmt man sich einen Gegenstand vor, analysiert ihn (und doch ist er danach gar nicht kaputt, Telekinese und andere Fähigkeiten mal ausgeschlossen), schaut sich das Resultat an, prüft es und kommt anschließend aufgrund der Beurteilung der Bestimmung seiner Eigenschaften zu einer positiven oder negativen Bewertung. Dies ist schlicht die Übersetzung des Fremdworts Kritik. Bei diesen Operationen kann durchaus ein negatives Urteil zustande kommen und man darf sich als kritischer Geist vorkommen – keine Frage! Kritisches Denken ist jedoch eine methodische und prinzipielle Kritik, die sich nicht auf die vielen schönen oder eben weniger schönen, konkreten Dinge dieser Welt bezieht, sondern eine des Denkens selbst ist. Kritisches Denken zieht also prinzipiell (und damit ziemlich grundlos alles in Zweifel. Es werden nicht etwa die Fehler eines Gedankengangs nachgewiesen, sondern das Dogma aufgestellt, daß alle jemals gemachten Schlußfolgerungen nicht richtig sein können. Mit kritischem Denken ist eben nicht der triviale Sachverhalt gemeint, daß gewisse Urteile aufgrund neuer überdachter Argumente der Revision bedürfen, sondern man soll prinzipiell davon ausgehen, daß jegliches Urteil verkehrt, - oder etwas milder ausgedrückt - immer bloß ein vorläufiges sein muß. Es ist damit aber die Leugnung davon, daß Wissen möglich ist (in der Wissenschaftstheorie nennt sich das Skeptizismus), korrekte Urteile gefällt werden können! Wenn Denken die Kritikinstanz ist, dann verpaßt aber das kritische Denken diesem ein Kritikverbot und jeder leibhaftiger Kritiker wird mit diesem Generaleinwand mundtot gemacht, bevor eine Diskussion um den Sachverhalt überhaupt angefangen hat (und ohne bspw. dafür auch nur eine einzige Demonstration gewaltsam aufzulösen…)! Fazit: Kritisches Denken ist eine Haltung von furchtbar ‚kritischen‘, denkenden Subjekten, die antikritischer nicht sein könnte.

C.  Positives (oder konstruktives) Denken

Anknüpfend an das eben Gesagte, wird es hier nun offensichtlich noch ein bißchen absurder (wenn es denn davon eine Steigerung gibt…). Denn: woher bitte schön, soll man denn wissen, ob der Gegenstand, der zur Untersuchung ansteht, überhaupt ein positives Urteil zuläßt?? Nochmal: eine affirmative Stellung zu einer Tatsache, eines Sachverhalts eines Dings kann zwar als Resultat des Denkvorgangs möglich sein, aber als Maßgabe beim Denken, das auf diese Richtung verpflichtet bzw. festgelegt wird, kann dies nie und nimmer ein vernünftiges Urteil über den zu beurteilenden Gegenstand hervorlocken, die so denkenden Menschen, die ihrem positiven Weltbild und den dazu passenden Äußerungen Glauben schenken wollen, vollziehen ihre Urteile als Vorurteile. Konstruktives Denken ist also zumindest eines: eine einzige Absage an die Wissenschaft.

D.  Feministisches Denken

Weil der hier generell präsentierte Gedanke langsam klar geworden sein sollte, hier nun zum Abschluß nur noch eine etwas weniger begründete und wahrscheinlich eher ‚unsachliche‘ Darlegung der Fehler dieser Denkform. Wenn eine Analyse des bestehenden Systems ergibt, daß Frauen durch die vom Staat eingerichteten Verhältnisse systematisch benachteiligt werden – dann sollte daraus weder eine geschlechtsumwandelnde Operation folgen, noch sollte man den Fehler begehe, sich als Frau allein schon etwas auf das Frau-sein zugute zu halten, z.B. in dem man behauptet, man hätte schon allein von der körperlichen Voraussetzung her einen Denkvorteil (gegenüber den männlichen Zeitgenossen). Das wäre dann nämlich ein rassistischer Gedanke und ändert (revolutioniert?) das System in keiner Weise, sondern taugt höchstens dazu, es in seine negative, umgekehrte Form zu verkehren. Damit keine Mißverständnisse entstehen: Feminismus ist an-sich kein Fehler; wenn es denn nicht die partikulare Parteinahme für ein Geschlecht (allein) ist. Und was das Denken an-sich angeht: nein, nicht daß alle Männer und Frauen stets gleich denken würden, bei weitem nicht, aber den Gedanke, daß Logik und Urteilsvermögen, daß die Dinge sich dadurch verändern sollen, welchem Geschlecht der Betrachter, die Betrachterin angehört, daß Objektivität also geschlechtsspezifisch sein soll, kann der Autor nicht nachvollziehen…

Fazit

Sämtliche Attribute des Denkens teilen eine Eigenschaft: sie stellen Maßstäbe dar, die dem Denken rein äußerlich sind


contradictio - 2006